Erbschaftsteuerreform in der Sackgasse

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von xxxkiller, 23. Mai 2007 .

  1. 23. Mai 2007
    Entwurf. Die große Koalition hat sich bei der geplanten Erbschaftsteuer-Reform in eine Sackgasse manövriert: Die Begünstigung von Unternehmenserben ist so, wie bisher geplant, wohl nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vereinbar. Eine mögliche Folge: Wenn die Koalition bis Ende 2008 kein verfassungsgemäßes Gesetz beschließt, darf die Erbschaftsteuer ab 2009 nicht mehr erhoben werden.

    BERLIN. „Wir werden noch einmal gründlich diskutieren müssen, ob das Unternehmensnachfolge-Gesetz nach dem Urteil noch zum gewünschten Ziel führt“, sagte Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) dem Handelsblatt. „Es gibt die Befürchtung, dass möglicherweise ausgerechnet die Erben von kleinen Unternehmen höher belastet werden als heute.“

    Eine pragmatische Prüfung fällt der Koalition jedoch schwer. Am Freitag wird der Bundestag mit der Mehrheit von Union und SPD bekräftigen, dass Firmen nach dem Konzept des Unternehmensnachfolge-Gesetzes entlastet werden sollen. Der Entwurf sieht ein Abschmelzmodell vor: Erben, die den Betrieb fortführen, wird die Erbschaftsteuer auf den produktiven Teil des Betriebsvermögens über zehn Jahre schrittweise erlassen. Bereits heute wollen aber die Länderfinanzminister beschließen, dass der Firmenwert für die Erbschaftsteuer künftig zunächst höher ausfallen wird: Er soll nach Ertragswerten bestimmt werden. Damit setzen sie die Vorgaben der Verfassungsrichter um: Diese hatten kritisiert, dass heute für die Erbschaftsteuer Betriebe und Immobilien niedriger bewertet werden als Geldvermögen. Bis zum 31. Dezember 2008 muss der Gesetzgeber sicher stellen, dass jedes Vermögen nach Marktwerten bestimmt wird. In einem zweiten Schritt dürfen dann einzelne Erbengruppen bevorzugt werden. Das Abschmelzmodell gilt unter Steuerexperten inzwischen als kaum geeignet, Firmenerben tatsächlich zu entlasten.

    Kleinunternehmer können oft nur einen geringen Teil als produktives Vermögen definieren, wie es das Unternehmensnachfolge-Gesetz verlangt: Sie müssten dann höhere Erbschaftsteuer zahlen als heute. Der Export-orientierte Mittelstand wiederum fürchtet neue Ungerechtigkeiten: „Produktiv“ ist nach dem Gesetzentwurf nur Betriebsvermögen innerhalb der EU. Eine Servicegesellschaft eines deutschen Maschinenbauers in den USA oder der Schweiz zählte also nicht zum Produktivvermögen, die gleiche Firma in Österreich dagegen schon. Marcus Gödtel, Steuerexperte beim Verband der Maschinenbauer VDMA, hält es für wahrscheinlich, dass die neuen Regeln vor dem Verfassungsgericht keinen Bestand haben werden. „Es entsteht neue Unsicherheit über die Steuergerechtigkeit“, sagte er.

    Wenn die Koalition bis Ende 2008 kein verfassungsgemäßes Gesetz beschließt, darf die Erbschaftsteuer ab 2009 nicht mehr erhoben werden. Die SPD befürchtet, dass die Union genau dies beabsichtigt. Aus diesem Grund beharrte die Partei auf dem Bundestagsbeschluss, der das Abschmelzmodell festschreiben wird.

    Handwerkspräsident Otto Kentzler hatte bereits vor einem Monat gefordert, dass die Koalition auch über Alternativen zum Unternehmensnachfolge-Gesetz reden sollte, um das Erbschaftsteuerrecht praktikabel zu gestalten. Der DIHK wiederum schlägt vor, nicht das schwer abzugrenzende produktive Vermögen zu begünstigen, sondern das „notwendige Betriebsvermögen“: Dies lasse sich aus dem nach Ertragswerten ermittelten Betriebsvermögen herausrechnen. „Um Gestaltungen zu verhindern, sollte dazu alles zählen, das in den fünf Jahren vor dem Erbfall betriebsnotwendig war und in den zehn Jahren danach im Betrieb bleibt“, schlägt DIHK-Steuerexperte Alfons Kühn vor.

    Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht bisher keinen Anlass, seinen Gesetzentwurf zu überarbeiten. „Es ist Aufgabe der Länder, dafür zu sorgen, dass das Bewertungsrecht und die Begünstigungen zusammen passen“, sagte Steinbrücks Sprecher. Alternativvorschläge für die Entlastung der Firmenerben müssten von den Unions-regierten Ländern kommen. Schließlich sei das Abschmelzmodell eine Idee Bayerns.

    Die Finanzminister wollen diese Bewertungsgrundsätze beschließen:

    Betriebe:
    Wenn es im Jahr vor dem Erbfall einen Anteilsverkauf gegeben hat, gilt der Verkaufspreis. Für andere größere Unternehmen wird das Ertragswertverfahren angewandt oder das jeweils in dem Wirtschaftszweig übliche Bewertungsverfahren. Bei Handwerkern und Freiberuflern ist dies meist eine umsatzbezogene Multiplikatormethode. Wenn das Finanzamt die Bewertungsmethode des Erben nicht akzeptiert, muss es den Gutachter bezahlen. Als Mindestwert soll die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter gelten.

    Immobilien:
    Für unbebaute Grundstücke gelten Bodenrichtwerte, für bebaute Grundstücke die Wertermittlungsverordnung: Für Eigenheime etwa gelten Vergleichswerte, für Mietwohnungen der Ertragswert.

    Landwirtschaft:
    Hier fehlt die Entscheidung. Basis soll die Pacht sein.

    Quelle: wiwo.de
     
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