Deutsche Nationalbibliothek: Internet-Publikationen bitte per ftp an uns

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 30. Mai 2007 .

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  1. 30. Mai 2007
    Der "Wahrung des digitalen Kulturerbes" hat sich die Deutsche Nationalbibliothek verschrieben und weist auf die via Gesetz verordnete "erweiterte Ablieferungs- und Sammelpflicht" hin, nach der Herausgeber von elektronischen Tageszeitungen, Zeitschriften, Monografien oder Lexika verpflichtet sind, Kopien ihrer Werke regelmäßig gepackt per ftp bei der Deutschen Nationalbibliothek abzuliefern.

    Entwarnung gibt es für die Masse der privaten Blogger und Boardbetreiber: die Inhalte von "Websites..., deren Informationsgehalt über reine Öffentlichkeitsarbeit, Warenangebote, Arbeitsbeschreibungen oder Bestandsverzeichnisse / - kataloge hinausgeht" werden "gesammelt" - eine Ablieferungspflicht besteht nicht. Warum die Nationalbibliothek bei ihr weniger relevant scheinenden Werken selbst zur Archivierung schreitet, elektronische Tageszeitungen beispielsweise jedoch zur Ablieferung per ftp zwingt, bleibt unklar.

    Seinen Pflichten nicht nachzukommen, kann teuer werden: Ein Versäumen der Ablieferungspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit und kann "mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro" bestraft werden.

    Die absurde Vorgehensweise und die Unklarheiten, wer nun liefern muss und wo nur gesammelt wird, stößt natürlich auf Kritik. Man erfinde "das Rad lieber selber noch einmal, in Quadratisch", konstatiert Kristian Köhntopp und fragt zurecht, was eine Ablieferung via ftp in Zeiten von Spidern, Feeds und archive.org denn soll - vor allem, wenn man diese Techniken durchaus einsetzen will. Oder sich zumindest vorgenommen hat, sie irgendwann einmal einsetzen zu können:

    "Der gesetzliche Sammelauftrag umfasst auch die so genannten webspezifischen Publikationen, die sich durch ihre dynamische Entwicklung, interaktive Kommunikationsfunktionen und multimediale Komponenten definieren. Hier muss die Deutsche Nationalbibliothek erhebliche Entwicklungsarbeit für die Archivierung und Verfügbarmachung leisten; in diesem Bereich sind derzeit viele Fragen hinsichtlich Sammlungsumfang, Sammlungstechnik und Verfügbarmachung noch unbeantwortet."

    Insofern wird man auf weitere Spezifizierungen hoffen bzw. selbige fürchten können, denn die

    "...Konkretisierung des erweiterten gesetzlichen Auftrages wird durch Neufassung der Pflichtablieferungsverordnung und der Sammelrichtlinien in naher Zukunft erfolgen."

    Dringend notwendig ist diese "Konkretisierung" nämlich allemal. Wie verhaftet im Papierdenken die Bibliothekare noch sind, zeigt sich am deutlichsten in den Richtlinien zur Ablieferung von Periodika im Netz: Publikationen, die "viermal im Jahr und öfter" erscheinen, müssen halbjährlich abgeliefert werden, bei seltenerem Erscheinen jährlich. Was bedeutet das für die Wikipedia? Was für ein Fachblog mit freigegebenen Kommentaren? Fragen über Fragen - die Nationalbibliothek wird hoffentlich irgendwann sinnvolle Antworten liefern können. Vielleicht sogar in Richtung" Wir habens uns anders überlegt und mirrorn lieber archive.org"? Zu hoffen ist erlaubt.


    quelle: gulli untergrund news



    Von Gesetzes wegen: F!XMBR gezippt und abgeschickt
    Dass unsere Führerschaft in Berlin nicht wirklich von der (Netzwelt-) Technik Ahnung hat, konnte man schon das eine oder andere Mal bestaunen. Dass diese Ahnungslosigkeit mit diesem Machstreben aber auch die ehemalige Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik in den Schatten stellt, das tritt immer mehr zu Tage - zumindest im öffentlichen Bereich. Die vielen menschenlichen Schicksale sollen nicht verharmlost werden. 2006 wurde das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek (DNBG - PDF-File) novelliert. Heise scheibt dazu:
    Nun ist das Gesetz von den Führern in Berlin verschärft präzisiert worden. Zukünftig müssen Publikationen in marktüblicher Form ausgeliefert werden. Man kann die Informationen direkt an die Bibliothek schicken oder zur Abholung bereithalten. Wie der User die Maßnahmen umsetzen soll, da gibt es auch schon Tipps und Tricks: Die Daten sollen in eine Archivdatei gepackt werden, mit einer Lieferungsidentifikation versehen und per FTP übertragen werden (können).

    Heise kritisiert, dass die Verordnung nicht klarstellt, welche Publikationen nun genau dieser Arichivierungspflicht unterfallen sollen - wenn kein öffentliches Interesse besteht, soll z. B. gnädig darauf verzichtet werden. Wer nun ob seiner Katzenbilder jubelt, den muss ich enttäuschen:
    Das wird lustig, wenn es genauso gehandhabt wird, wie angekündigt. Google soll wohl über 1 Mio. Server in Einsatz haben - wieviele unsere Nationalbibliothek demnächst wohl anmieten muss? Volldeppen gepaart mit Machtwahn - das kommt dabei raus…


    quelle: F!XMBR
     
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