Computertomographie nicht so harmlos wie oftmals angenommen

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von Deejayy, 13. Juni 2007 .

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  1. 13. Juni 2007
    Untersuchungen mit dem Computertomographen sind nicht so harmlos, wie häufig angenommen wird.
    Eine CT-Untersuchung überschreitet oft die 500- bis 1.000-fache Strahlendosis, die eine herkömmliche Röntgenuntersuchung verursacht. Röntgenstrahlen stehen seit Jahren auch im Verdacht, Krebs auszulösen.
    Trotz dieser Risiken steigt die Zahl der jährlichen Untersuchungen stetig an. So beklagt auch der Radiologe Christoph Heyer, dass auch Personen, die keinerlei Beschwerden haben, häufig einer unnötigen Strahlenbelastung ausgesetzt werden.


    In Deutschland werden jedes Jahr knapp 150 Millionen Röntgenuntersuchungen durchgeführt. Und seit Jahren erfreut sich die Computertomographie steigender Beliebtheit - bei Ärzten und bei Patienten. Die Röntgenuntersuchung tut nicht weh, dauert nur Sekunden und liefert sehr aussagekräftige Schichtaufnahmen von Organen und Knochen. Meist schicken Internisten, Neurologen oder Chirurgen ihre Patienten zur Untersuchung per Computertomographie, kurz CT genannt, um gestochen scharfe Bilder aus dem inneren des Körpers zu erhalten. Je genauer und schärfer die Bilder sein sollen, desto mehr Strahlen sind nötig. Doch die Ärzte wissen oft nicht, welche Strahlenbelastung damit einhergeht. Besonders die strahlenintensive CT-Untersuchung des Herzens wird unterschätzt, sagt Christoph Heyer, Radiologe an der Universitätsklinik Bochum. Er führte dazu eine Umfrage unter 119 Medizinern durch: "Da ist es tatsächlich so, dass fast ¾ der Kollegen die Strahlenexposition, die mit diesen Untersuchungen einhergeht unterschätzt. Und das birgt ein wenig die Gefahr, dass diese Untersuchungen ein wenig sorglos angemeldet werden."

    Gestochen scharfe Bilder benötigen höhere Strahlendosis
    Gerade bei CT-Aufnahmen der Organe im Oberkörper ist die Strahlenbelastung durchschnittlich 500-mal so hoch wie bei herkömmlichen Röntgenuntersuchungen. In Extremfällen kann die Dosis einer Computertomographie im Vergleich zu einer konventionellen Röntgenaufnahme sogar bis zu 1000fach darüber liegen. Das sind Zahlen, die auch das Bundesamt für Strahlenschutz so ermittelt hat. Eine normale Röntgenaufnahme des Brustkorbes entspricht etwa der Strahlenbelastung eines Fluges nach Mallorca. Ein CT des Herzens kommt auf eine Dosis von zehn Mallorcaflügen.

    Aber Röntgenstrahlen können das Risiko, an Krebs zu erkranken, erhöhen. Zwar liegen keine empirischen Daten vor, doch Experten gehen davon aus, dass auch bei Niedrigdosen nach einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren bei einzelnen Patienten, in der Größenordnung einer zu 100.000 eine Krebserkrankung durch Strahlen ausgelöst werden kann. Das sind Hochrechungen die auf den Erfahrungen aus den Atombombenabwürfen in Hiroshima und Nagasaki basieren.

    Zahl der CT-Untersuchungen steigt
    Seit Jahren steigen die Zahlen der CT-Untersuchungen stetig an. Sie werden sogar im Rahmen von so genannten Manager-Check-Ups oder Gesundheits-Screenings Menschen angeboten, die keinerlei Symptome haben, beklagt der Radiologe Christoph Heyer: " Und dann ist es tatsächlich so, dass zumindest der Verdacht laut werden muss, dass es hier auch um finanzielle Interessen geht, denn so ein Gerät, was heute mehrere Millionen Euro kostet, das muss sich letztendlich amortisieren. Und da droht die Gefahr, dass man die Strahlenschutzbestimmungen tatsächlich nicht in dem Maße wahrnimmt, wie wir tatsächlich dazu verpflichtet sind."

    Röntgenverordnung verbietet reine Vorsorgeuntersuchungen
    In einer Informationsbroschüre des Bundesamtes für Strahlenschutz heißt es: Eine Röntgenuntersuchung ist gerechtfertigt, wenn der Patient aus der Röntgendiagnostik einen erheblichen Nutzen zieht und das Strahlenrisiko demgegenüber gering einzuschätzen ist. Das ist der Fall, wenn die Untersuchungsmethode geeignet ist, die diagnostische Fragestellung zu beantworten und kein alternatives Verfahren zur Verfügung steht.

    Die Röntgenverordnung verpflichtet also die Ärzte, bei jeder Untersuchung Risiko und Nutzen abzuwägen und die Strahlen so gering wie möglich zu dosieren. Dazu der Bonner Radiologe und Vorsitzende des Landesberufsverbandes, Wolfgang Grimm: "Wir brauchen für jede Untersuchung einen rechtfertigenden medizinischen Grund im Einzelfall. Das kann nicht allein die Tatsache sein, dass jemand einen stressigen Beruf hat und ein gewisses Risiko, eine Herzkranzgefäßerkrankung zu bekommen. Es müssen im Einzelfall entsprechende Symptome da sein, ansonsten ist eine Untersuchung mittels Röntgenstrahlen nicht statthaft."

    Dennoch werben zum Beispiel im Internet Privatkliniken und niedergelassene Radio Wolfgang Grimm: "Das ist uns bekannt. Wir von Seiten der Ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung und des Berufsverbandes versuchen über intensive Fortbildungsmaßnahmen sowie die Kontrolle der Kollegen diese Auswüchse zu begrenzen."

    Im Jahresbericht 2005 des Bundesamtes für Strahlenschutz heißt es dazu:

    " Als Früherkennungsmaßnahmen mittels MS-CT (Mehr-Schicht-CT-Systeme, Anmerkung der Redaktion) werden derzeit insbesondere folgende Untersuchungen diskutiert:
    Lungen-CT zur Früherkennung von Lungenkrebs (z. B. bei Rauchern und Asbestarbeitern);
    CT- Koronarkalkmessung (Messung von Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen, wobei Koronarkalk ls anerkannter Marker für Arteriosklerose gilt) sowie CT-Koronarangiographie (Darstellung der Herzkranzgefäße mittels CT) zur Früherkennung von verengten Herzkranzgefäßen;
    virtuelle CT-Koloskopie (CT des Bauchraumes zur dreidimensionalen Darstellung des Dickdarms) zur Früherkennung von Darmpolypen und Darmkrebs."

    Und weiter:
    " Durch Werbemaßnahmen, z. B. entsprechende Internetpräsentationen, wird die CT als Früherkennungsmaßnahme oder "Gesundheits-Check-Up" angepriesen. Eine besondere Brisanz erhält diese Entwicklung dadurch, dass sie von renommierten Medizintechnikfirmen, z. B. durch Informationsbroschüren für die Bevölkerung, aktiv gefordert wird. Um einen Verstoß gegen die RöV (Röntgenverordnung) zu vermeiden, wird versucht, durch Hinweis auf weit verbreitete Risikofaktoren wie z. B. höheres Lebensalter, erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck usw. eine rechtfertigende Indikation zu begründen. Dieses so genannte "graue Screening" - gelegentlich auch als ´Screening im Wellness-Bereich` bezeichnet - bewegt sich in einem rechtlichen Graubereich …. Da das graue Screening keiner adäquaten Qualitätskontrolle unterliegt, ist zu befürchten, dass die Strahlenrisiken sowie die unerwünschten Folgen einer unreflektierten Früherkennung zu wenig beachtet werden."

    Kosten tragen Versicherte
    Da die Wirksamkeit der vorsorgenden CT-Untersuchungen bislang mit keiner Studie belegt ist, müssen laut dem Verband der privaten Krankenversicherungen auch die meisten Privatversicherten die Kosten von durchschnittlich etwa 500 Euro selbst tragen.

    Bundesamt für Strahlenschutz
    Postfach 10 01 49
    D-38201 Salzgitter
    Tel: 030 - 18 333-0

    Hier findet sich u. a. die Publikation:
    "Strahlenthemen: Röntgendiagnostik - schädlich oder nützlich?" Sie ist als PDF-Datei herunterzuladen.

    Berufsverband Deutscher Radiologen
    BDR Geschäftsstelle
    Gottfried-Kellerstr. 20
    81245 München
    Tel: 089 - 89 62 36 10

    Deutsche Röntgengesellschaft e.V.
    Straße des 17. Juni 114
    10623 Berlin
    Tel: 030 - 916070-0

    WDR 2 Beitrag
    Computertomographie belastet
    In Deutschland werden jedes Jahr knapp 150 Millionen Röntgenuntersuchungen durchgeführt. Und seit Jahren erfreut sich die Computertomographie steigender Beliebtheit - bei Ärzten und bei Patienten. Die Röntgenuntersuchung tut nicht weh, dauert nur Sekunden und liefert sehr aussagekräftige Schichtaufnahmen von Organen und Knochen. Doch je genauer und schärfer die Bilder sein sollen, desto mehr Strahlen sind nötig. Doch das weiß längst nicht jeder Arzt, wie die Untersuchung eines Bochumer Radiologen ergeben hat. Stephanie Kowalewski berichtet für die WDR 2 Quintessenz.
    Quelle

    Greetingz

    Timo
     
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