SAPler wählen ersten Betriebsrat der Firmengeschichte

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von z3Ro-sHu, 20. Juni 2006 .

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  1. 20. Juni 2006
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    Der Softwarekonzern SAP ist bekannt für seine üppigen sozialen Leistungen von der Gratiskantine bis zur Kinderbetreuung. Gegen eine Mitbestimmung der Beschäftigten allerdings haben sich Vorstand und Belegschaft stets gesträubt: Seit seiner Gründung 1972 war das Unternehmen mit Sitz in Walldorf bei Heidelberg eine betriebsratsfreie Zone. Vom morgigen Mittwoch an soll auch Europas größte Softwarehersteller – als mittlerweile letzter unter den 30 DAX-Konzernen – einen Betriebsrat bekommen: Rund 10.700 SAPler wählen zum ersten Mal eine organisierte Arbeitnehmervertretung.

    Nach der anfänglichen Ablehnung der Abstimmung ist der Andrang nun erstaunlich groß. Gut 400 Mitarbeiter kandidieren auf zehn Listen für die 37 Plätze im Betriebsrat. "Das ist eine ungewöhnlich hohe Beteiligung", betont Heribert Fieber von der IG Metall in Heidelberg. "Die Beschäftigten sagen sich wohl: Wenn schon Betriebsrat, dann will ich dabei sein." Auch SAP-Sprecher Frank Hartmann ist überzeugt: "Die Mitarbeiter wollen sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen. Sie wollen einen Betriebsrat aus ihrer Mitte – und keinen fremdgesteuerten aus der Gewerkschaft."

    Bisher hatten acht Arbeitnehmervertreter im 16-köpfigen Aufsichtsrat auch die Interessen der Belegschaft vertreten. Zu wenig, klagt Fieber, denn nach dem Betriebsverfassungsgesetz sei ab fünf ständig Beschäftigten ein Betriebsrat vorgesehen. Europas führender Softwarekonzern hat in Deutschland knapp 14.000 Mitarbeiter, weltweit sind es mehr als 36.000. Doch noch Anfang März hatten 91 Prozent der Belegschaft einer Arbeitnehmervertretung eine klare Abfuhr erteilt. Trotz der Absage ihrer Kollegen waren drei Mitarbeiter, die zugleich Mitglied der IG Metall sind, vor das Mannheimer Arbeitsgericht gezogen, um einen Betriebsrat durchzusetzen. In einer überraschenden Wende gab der Unternehmensvorstand daraufhin seinen Widerstand auf. Bei einer weiteren Betriebsversammlung Ende März stellten die Beschäftigten die Weichen zur Gründung einer Arbeitnehmervertretung.

    Völlig umgeschwenkt sind die SAPler allerdings nicht. Mit 37 Mitgliedern, von denen 12 dauerhaft freigestellt werden, wird der Betriebsrat so klein wie gesetzlich nur irgend möglich. Die Mitarbeiter lassen sich von einem einheitlichen Gremium vertreten – und nicht von Betriebsräten an den einzelnen Niederlassungen plus einem übergeordneten Gesamtbetriebsrat.

    Die drei Initiatoren der Wahl treten mit weiteren Mitarbeitern, die der IG Metall oder der Gewerkschaft ver.di angehören, auf der Liste "Pro Betriebsrat" an. Über die anderen neun Listen – etwa "Wir für Dich" oder "Die Unabhängigen" – sei wenig bekannt, kritisiert Fieber. Ihre Internetseiten seien nur für SAP-Mitarbeiter zugänglich: "Die Programme und die Namen der Bewerber dringen kaum nach außen." Die Beschäftigten hätten eine "interne Lösung" gewollt, erwidert Hartmann. "Das ist Teil der SAP-Unternehmenskultur."

    Angesichts der Abstimmungspremiere und der vielen Listen rechnet Fieber mit Anlaufproblemen: "Das wird chaotisch, es gibt ja null Erfahrung." Schon der Wahltermin sei ungewöhnlich: "Normalerweise lässt man von Montag bis Donnerstag wählen und zählt ab Freitagmittag aus. Bei SAP aber kann man nur am Mittwoch von 8.00 bis 18.00 Uhr seine Stimme abgeben, danach wird öffentlich ausgezählt. Das geht dann natürlich bis weit in die Nacht." Auch Hartmann rechnet frühestens im Laufe des Donnerstags mit einem Ergebnis.
     
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