Koalition einigt sich auf Gesundheitsreform

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von Lupina, 3. Juli 2006 .

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  1. 3. Juli 2006
    Koalition einigt sich auf Gesundheitsreform

    Berlin (dpa) - Nach monatelangem Streit hat sich die große Koalition in einer Marathonsitzung auf Eckpunkte für eine Gesundheitsreform verständigt.

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    Es wurde spät: Schlafender Journalist zu Füßen von Altkanzler Helmut Kohl im Berliner Kanzleramt. Die Einigung kam gegen 5 Uhr morgens.

    Die Bürger müssen vom 1. Januar 2007 an um 0,5 Prozentpunkte höhere Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung bezahlen. Von 2008 an sollen dann die Krankenkassenkosten für Kinder stufenweise aus Steuern finanziert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete die Einigung nach rund zehn Stunden Verhandlungen am frühen Montagmorgen als "wirklichen Durchbruch". SPD-Chef Kurt Beck sagte, Leistungskürzungen zu Lasten der gesetzlich Krankenversicherten werde es nur marginal geben. Die Steuern werden nach Angaben von CSU-Chef Edmund Stoiber nicht erhöht.

    Durch Strukturreformen würden "eine Vielzahl von Einsparungen" erreicht und Verschwendung Einhalt geboten, sagte Merkel, ohne Details zu nennen. Ausreichende Spareffekte träten aber nicht bereits im kommenden Jahr ein. Deshalb würden die Beiträge zum 1. Januar 2007 einmalig um 0,5 Prozentpunkte ansteigen. Den Kassen droht 2007 ein Defizit von rund sieben Milliarden Euro. Um dies zu stopfen waren außer steigenden Beiträgen auch eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze oder erhebliche Leistungsausgrenzungen im Gespräch. Ein Grund für die Finanzierungslücke ist die geplante völlige Rückführung der Haushaltsmittel aus der Tabaksteuer.

    Vom Jahr 2008 an werden die Kassenausgaben für Kinder in ansteigenden Stufen aus Steuermitteln finanziert. Von 2008 an sollen dazu 1,5 Milliarden Euro, ab 2009 dann 3,0 Milliarden aus Steuern aufgebracht werden. Die Steuermittel würden in den Folgejahren aufgestockt. Damit schaffe die Koalition eine dauerhafte Entkoppelung der Gesundheitskosten vom Faktor Arbeit, sagte Merkel. Die gesetzlichen Krankenkassen würden entlastet. In der "realen Haushaltssituation" sei dies insgesamt ein "guter Weg". Insgesamt werden für die Kinder rund 16 Milliarden Euro gebraucht.

    Steuererhöhungen werde es nicht geben, sagte Stoiber. "Statt durch höhere Steuern wird die Versicherung der Kinder aus dem laufenden Bundeshaushalt finanziert." Die CSU hatte zuvor Kürzungen von Haushaltsmitteln für den Arbeitsmarkt gefordert, um ohne neue Steuermilliarden in eine Umfinanzierung einsteigen zu können. Vor allem wegen der Mehrwertsteuererhöhung 2007 war eine weitere Steueranhebung strittig. Die SPD hatte argumentiert, im Gegenzug zu Steuererhöhungen sollten die Beitragslasten sinken.

    Die Koalition verständigte sich erwartungsgemäß auf eine völlig neue Finanzierung des Gesundheitswesens. Dazu wird ein Gesundheitsfonds eingerichtet, in den alle Mittel für die Kassen fließen und der den Wettbewerb zwischen den Versicherungen steigern soll. Ihren Streit über mögliche Zusatzbeiträge für Versicherte bei künftigen Kostensteigerungen lösten SPD und Union nach dpa- Informationen durch einen Kompromiss. Kommt eine Krankenkasse mit dem vorgesehenen Einheitsbeitrag aus dem Fonds nicht aus, kann sie Zuschläge erheben. Dabei hat sie die Wahl, ob dieser Zuschlag wie von der SPD gewünscht einkommensabhängig oder wie von der Union gefordert als Pauschale erhoben wird. Wirtschaftet eine Kasse besonders gut, kann sie an die Mitglieder Geld zurückzahlen.

    Die private Krankenversicherung bleibe als Vollversicherung erhalten, sagte Merkel. Sie werde jedoch "eine Vielzahl zusätzlicher Anteile übernehmen", sagte die Kanzlerin, ohne dies weiter zu erläutern. Beck kündigte an, die privaten Krankenkassen müssten ebenso wie die gesetzlichen künftig alle aufnehmen.

    Beck kündigte an: "Es wird keine Leistungskürzungen geben." Dies hatte die SPD stets vehement gefordert. Behandlungen beispielsweise bei Entzündungen nach Piercing müssten aber künftig selbst versichert werden. Er sprach von einer "Reform, die deutlich über den Tag und das Jahr hinausweist". Das Finanzierungssystem für Praxisärzte sei nicht mehr zeitgemäß und werde völlig neu gestaltet. Hier sehen Union und SPD eine Honorierung nach Pauschalen in Euro vor. Beck sprach von einem "Paradigmenwechsel".​

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