Guantanamo wird nicht geschlossen.

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von Inquisito, 13. Juni 2008 .

  1. 13. Juni 2008
    Der Jubel über das Urteil ist groß - aber vorschnell: Amerikas Anti-Terror-Knast Guantanamo bleibt trotz der Grundsatzentscheidung des höchsten US-Gerichts noch lange bestehen. Selbst für unschuldige Häftlinge wird der Weg in die Freiheit beschwerlich: Er führt über juristisches Neuland.

    Berlin – Der Jubel war groß, ja fast überschwänglich. Kaum waren die ersten Meldungen über die spektakuläre Entscheidung des Supreme Court in den USA erschienen, überschlugen sich weltweit die Schlagzeilen. Vom Ende des Anti-Terror-Lagers in Guantanamo Bay war die Rede, natürlich von einer Ohrfeige für die Bush-Regierung und die Hardliner in den US-Sicherheitsapparaten.

    Terror-Knast Guantanamo: Regierung befürchtet Freilassung von "gefährlichen Elementen"
    Kurz schien es so, als ob sich schon in den kommenden Tagen in dem Hochsicherheitscamp auf Kuba die Tore öffnen und die 270 - größtenteils seit knapp sieben Jahren inhaftierten - Terrorverdächtigen entlassen werden müssten. Das Lager, bis heute Symbol der gnadenlosen US-Jagd auf die Hintermänner des 11. Septembers, es wirkte kurz schon wie ein Relikt aus der Vergangenheit.

    Die Realität am Tag danach sieht anders aus.

    Guantanamo Bay, das stellt die "New York Times" trocken fest, wird nicht "heute und auch nicht in naher Zukunft" schließen. Das Urteil, das den Gefangenen das Recht zu einer zivilrechtlichen Überprüfung ihrer Inhaftierung dort einräumt, stellt keineswegs eine "Verlassen Sie das Gefängnis-Karte" dar, wie es der US-Anwalt Jonathan Hafetz knackig ausdrückt.

    Laufende Prozesse sollen weitergehen

    So enttäuscht Präsident Bush über das Urteil auch sein mag, so wenig soll es am Fahrplan gegen die mutmaßlichen Drahtzieher des 11. Septembers ändern. US-Justizminister Michael Mukasey, augenblicklich in Tokio, erklärte trotzig, dass die Prozesse gegen Chalid Scheich Mohammed und Co. trotz des Urteils weitergehen sollen. Alles Weitere müsse sein Ministerium noch prüfen und dann entscheiden.


    Mukasey wird vermutlich Recht behalten, denn im Kern bezieht sich das Urteil des Gerichts nicht auf die umstrittenen Militärtribunale. Die obersten Richter entschieden in dem mehr als knappen Spruch lediglich, dass alle Gefangenen in GTMO, wie das Lager im Militär-Slang genannt wird, das Recht auf eine Prüfung der Gründe ihrer Inhaftierung vor einem amerikanischen Zivilgericht haben sollen.

    Wie diese Prüfung jedoch aussehen soll, blieb am Tag nach dem Urteil ziemlich unklar. Anwälte der 270 Gefangenen erklärten unisono, sie wollten die Haft ihrer Mandanten sofort anfechten. Bei welchem US-Gericht dies jedoch geschehen soll und wann die Klagen eingereicht werden können oder müssen, steht nicht fest. Es ist, sagen die Anwälte offen, juristisches Neuland, das sie nun betreten.

    Gleichwohl wird das Prozedere, ganz egal wie es aussieht, für die US-Regierung unangenehm, ja fast bedrohlich. Vor Zivilgerichten müssen Behörden und Militär darlegen, was sie geheim halten wollten – die Beweise, dass es sich bei den Gefangenen um Terroristen handelt und dass sie gefährlich für die USA sind. Allein die Summe der Verfahren, eine wahre Lawine, wird Hunderte Beamte beschäftigen.

    Heikler Beweisstriptease

    Diese Beweise, sie waren seit jeher der Hauptgrund für die Internierung in Guantanamo. Außerhalb der USA, so das Kalkül der Bush-Strategen, müsse man nicht offenlegen, was man in der Hand hat - vor allem nicht, wie man an die Hinweise gekommen ist. Oft sind es unüberprüfbare Geheimdiensterkenntnisse, teils aus Ländern, die offiziell Feinde der USA sind - und die Ergebnisse von Folter.

    Für den US-Sicherheitsapparat droht der Beweis-Striptease zum Debakel zu werden. Vor zivilen Richtern, die ungleich den Militärjuristen sehr viel kritischer mit dem von der Regierung vorgelegten Material umgehen werden, müssen Militär, CIA und die Regierung auspacken. Die Richter werden nachfragen, werden sich nicht mit Floskeln abspeisen lassen, Beweise seien als "geheim" eingestuft und gesperrt.

    Gleichwohl können, darauf weisen Offizielle in den letzten 24 Stunden immer wieder hin, keineswegs alle Gefangenen mit einem positiven Urteil vor einem Zivilgericht rechnen. Gegen viele der Insassen, das jedenfalls die Regierungslesart, habe man substantielle Beweise. Diese würden, so die Hoffnung, auch einen normalen Richter sehr schnell überzeugen, die Internierung in dem Camp als zulässig zu erachten.

    Aus Sicht der Regierung, die das Sicherheitsinteresse der USA stets oberhalb der Rechte der Gefangenen verortete, ist das Urteil trotzdem ein derber Rückschlag. Es droht, dass aufgrund der heiklen Beweislage viele "für die USA extrem gefährliche Personen" auf freien Fuß kommen und dem Land Schaden zufügen könnten, raunen Regierungsbeamte in der US-Presse düster. Es ist eine unverhohlene Drohung.

    Bush-Nachfolger werden GTMO erben

    Anwälte vermuten, dass die Regierung eine Aufteilung der Inhaftierten vornehmen wird. Rund hundert der 270 Insassen sind Jemeniten, gegen die die Behörden wenig in der Hand haben, sie aber für gefährlich halten. In die Heimat wollte man die Männer nicht zurückschicken, da die dortige Justiz als unzuverlässig gilt. Nun, im Angesicht der Klagelawine, könnte man sich entscheiden, diese hundert einfach gehen zu lassen.

    Vorher aber müssen noch viele juristische Fragen geklärt werden – und auch die Politik wird sich mit dem Problemfall Guantanamo bald beschäftigen müssen. Mit dem Urteil erscheint eine militärisch organisierte oder zivilrechtlich geführte Aufarbeitung der Gefangenenfälle noch in der Amtszeit von George W. Bush mehr als illusorisch. Zu lange werden die Prozesse dauern, allein wegen der Zahl der Insassen.

    Egal wer im November Bushs Nachfolger wird, er wird sich mit dem schweren Erbe des Anti-Terror-Kampfes nach 9/11 intensiv beschäftigen müssen. Auch bei einem Bruch mit der Vergangenheit, selbst bei einer Distanzierung von den Entscheidungen des Vorgängers, wird ein Kompromiss zwischen Sicherheitsinteressen der USA und dem Recht der Inhaftierten nicht einfach.

    Guantanamo Bay mit den in orangefarbene Anzüge gehüllten Insassen wird noch lange Symbol dieses Konflikts bleiben.
    Quelle
     
  2. 13. Juni 2008
    AW: Guantanamo wird nicht geschlossen.

    an das schließen während der bush-amtszeit hab ich eh nicht geglaubt. aber die zusprechung von mehr rechten an die gefangenen ist doch schon mal ein schritt in die richtige richtung. wenn dann die bush-amtszeit beendet ist und obama (hoffentlich) oder mccain das amt des präsidenten inne haben kann man schon hoffen oder sogar davon ausgehen, dass guantanamo bay entgültig zu den akten gelegt wird, zumindest obama hat angekündigt, dass er wenn er denn zum präsidenten gewählt wird die sofortige schließung anordnen wird. eine gute, längst überfällige entscheidung wie ich finde...
     
  3. 28. Juni 2008
    AW: Guantanamo wird nicht geschlossen.

    Ich hab eine interessanten link zu guantanamo gefunden.
    http://video.google.com/videosearch?q=road+to+guantanamo&sitesearch=#

    Wer sich dafür interessiert sollte sich den Spielfilm anschauen. Iss onlinefilm sehr sehr empfehlenswert.
     
  4. 29. Juni 2008
    AW: Guantanamo wird nicht geschlossen.

    So lange es diesen "Krieg gegen Terror" gibt, wird Guantanamo auch existieren.
     
  5. 30. Juni 2008
    AW: Guantanamo wird nicht geschlossen.

    auch aufjeden Fall sehenswert, zum Thema:
    Das Guantanamo Experiment | INITIATIVE-DEUTSCHLAND | www.zensiert.to | Hier trifft sich Deutschlands intellektuelle Elite!

    Ich bin ganz klar gegen alle Lager + Einrichtungen, die Gunantanamo ähnlich sind. (Davon wird es einige geben...)

    grüße

    My-Doom
     
  6. 30. Juni 2008
    AW: Guantanamo wird nicht geschlossen.

    Solange es eindeutig bewiesen ist, dass die Leute zurecht in diesen Lagern sitzen, sollten sie auch unter keinen Umständen abgeschafft werden.
    Schon schlimm genug, dass die Todesstrafe immer mehr abgeschafft wird.
     
  7. 30. Juni 2008
    AW: Guantanamo wird nicht geschlossen.

    krass, hätte eig. erwartet das es geschlossen wird......
    aber naja, amis halt -.- schon hart was da tagtäglich abgeht...da sterben an einem tag soviel leute wie in de in einem jahr
     
  8. 30. Juni 2008
    AW: Guantanamo wird nicht geschlossen.

    aber es ist doch keines Wegs zurecht bewiesen.

    Die Menschen, die dadrinne Sitzen warten (scheinbar vergeblich und seit Jahren) auf ihre Prozesse. Die Verurteilten kommen ja in "vernünftige" (oder zumind. menschlichere) Gefängnisse..

    grüße

    My-Doom
     
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