Interview: So spielt der asiatische Markt online

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 8. Juli 2008 .

  1. 8. Juli 2008
    Der Branchenexperte Sunny Park über Onlinespiele in Asien
    Der asiatische Markt für Onlinerollenspiele boomt: 2009 soll er die Schwelle von 7,5 Milliarden US-Dollar (rund 4,8 Milliarden Euro) überschreiten. Wie ticken die asiatischen Spieler, wie ist der Wirtschaftsraum segmentiert, welche Chancen und Risiken gibt es? Golem.de sprach mit Sunny Park, der seit mehr als zwölf Jahren in der koreanischen Spielebranche tätig ist.


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    Sunny Park, Chef von Frogster Studios Korea​

    Der Koreaner Sunny Park ist Chef und Mitgründer der Frogster Studios, an denen auch der Berliner Publisher Frogster Interactive beteiligt ist. Park hat seine Karriere nach einem MBA-Abschluss an der Yonsei University in Seoul in der Werbeindustrie begonnen und war mehrere Jahre in Russland und den USA tätig. 1996 ging er zurück nach Südkorea und als begeisterter Spieler in die Computerspieleindustrie zu Actoz Soft (Lycos Korea). Anschließend war er Geschäftsführer und Leiter des Auslandsgeschäfts von Gravity, einem Anbieter von Massively Multiplayer Online Games wie Ragnarok Online. Sunny Park hat derzeit auch den Posten als Producer des Frogster-Onlinerollenspiels The Chronicles of Spellborn inne.

    Golem.de: Spielen Sie privat Computerspiele?

    Sunny Park: Ich war eine Zeit lang ein echter Hardcorespieler von asiatischen und insbesondere koreanischen Massively Multiplayer Online Games, etwa von Lineage. Außerdem habe ich sehr viel World of Warcraft gespielt. Das hat allerdings jetzt fast aufgehört, mir fehlt die Zeit. Aber ich denke gern an diese Zeit zurück.

    Golem.de: Nennen Sie mal alle Namen von professionellen Computerspielern, also von E-Sportlern, die Sie kennen.

    Park: Da ist zuerst mal Lim Yo-hwan, die absolute Nummer eins. Er ist der King of Terran in Starcraft. Und dann wäre da - ach, wissen Sie, ich weiß wirklich ein paar Dutzend Namen von berühmten Spielern. Wobei ich dank meines Berufes ein paar von ihnen auch persönlich kennengelernt habe.

    Golem.de: Und wenn Sie ein ganz normaler Koreaner wären, der nichts mit der Branche zu tun hat, würden Sie die Namen dann auch alle kennen?

    Park: Starcraft ist in Korea das Nationalspiel schlechthin. Ich erinnere mich, als das auf dem Höhepunkt war, so im Jahr 2000, sind selbst ganz normale Geschäftsleute nicht mehr gemeinsam zum Mittagessen gegangen, sondern auf eine Runde Starcraft. Für die jungen Leute sind die professionellen Spieler immer noch Helden.

    Golem.de: Hier in Deutschland gibt es in Medien und Politik immer wieder Debatten über Gewalt in Spielen oder über die Computerspielesucht. Ist das in Asien auch ein Thema?

    Park: Nein, in den Medien taucht beides gar nicht auf. Aber bei den Spielern schon, da sorgen beide Themen immer wieder für Diskussionen. Es hängt aber auch vom Land ab. In konservativen Ländern wie China ist es beispielsweise gar nicht erlaubt, in Spielen Blut, untote Skelette oder so etwas zu zeigen. Die meisten Länder haben damit allerdings kein Problem.

    Golem.de: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Onlinespiele in vielen asiatischen Ländern so unglaublich beliebt sind?

    Park: Asien war ganz früher ein Konsolenmarkt. In den späten 90er-Jahren bis in die ersten Jahre des neuen Jahrtausends haben wir dann aber eine extreme Veränderung und Verbesserung der Infrastruktur erlebt. Jetzt haben wir hier die schnellsten Internetverbindungen der Welt, und es kostet sehr wenig. Dank des starken Wettbewerbs zahlt man gerade einmal 20 bis 30 Dollar im Monat für 100 MByte Downloadgeschwindigkeit. Diese veränderte Infrastruktur hat dazu geführt, dass die Spieleinhalte gewachsen sind und sich angepasst haben.

    Golem.de: Aber da könnten die Leute ja auch einfach den ganzen Tag Filme oder Singleplayerspiele runterladen. Warum sind ausgerechnet die Massively-Multiplayer-Onlinespiele so beliebt?

    Park: Koreaner und Asiaten sind gruppenorientiert, während ihr Europäer eher individualistisch lebt. Wir möchten zusammen mit unseren Freunden spielen, und deshalb haben sich auch die Internetcafés so rasant entwickelt. Zu Hause kann man nicht spielen, da steht höchstens ein PC, kaum jemand hat zwei. In Europa oder den USA gehen die Leute zusammen ins Kino, bei uns ins Internetcafé zum Spielen.

    Golem.de: Wie funktioniert das Geschäftsmodell der asiatischen Onlinespiele?

    Park: Bei den allerersten Onlinespielen, allen voran Ultima Online und vor allem Diablo, haben die Publisher anfangs noch versucht, eine verpackte Version mit dem Client zu verkaufen und dann etwa bei Diablo das Onlinespiel kostenlos angeboten. Das hat sich hier sehr schnell geändert. Dann hat der Download der Spiele nichts gekostet, aber man musste monatliche Abogebühren zahlen. Der Markt ist stark gewachsen, aber damit hat auch der Wettbewerb zugenommen - nicht nur um das Geld der Konsumenten, sondern auch um deren Zeit, schließlich spielt man an so einem Onlinerollenspiel sehr lange. Viele Entwickler mussten ihre Spiele um 2003 herum kostenlos anbieten, um neue Kunden zu gewinnen. Daraus hat sich Micropayment entwickelt, was heute noch das übliche Geschäftsmodell ist.

    Golem.de: Micropayment bedeutet ja, dass die Spieler anstelle hoher Abogebühren kleine Geldbeträge etwa für besondere Gegenstände bezahlen. Was kaufen die asiatischen Spieler lieber - spielerisch sinnvolle Gegenstände, oder schöne Rüstungen oder Kleidung?

    Park: Das ist von Markt zu Markt unterschiedlich. In den meisten Ländern sind Sachen, die die Spielebalance verändern, nicht sehr willkommen. In Japan, China und Taiwan kann man aber auch Sachen verkaufen, die das tun. Etwa Zaubertränke, mit denen man doppelt so viele Erfahrungspunkte gewinnt.

    Golem.de: Welche Bezahlsysteme stehen dafür zur Verfügung?

    Park: In Korea gibt es keine Prepaid-Karten, in anderen asiatischen Ländern schon. Die Spieler hier können mit dem Handy bezahlen, mit Kreditkarte, Onlinebanking und noch ein paar Systemen mehr. Das funktioniert auf vielfältigsten Wegen und ist auch für Schüler kein Problem.

    Golem.de: Welche Rolle spielen die Internetcafés?

    Park: Die sind sehr wichtig als Marketingwerkzeug. In deren Filialnetzen können die Spielehersteller erstklassig für ihre Produkte werben.

    Golem.de: Welche Spieleplattformen sind wichtig in Korea?

    Park: Es gibt alles, neben den Onlinespielen auch Konsolen und Handyspiele. Aber bis auf die Onlinespiele verlieren alle schon länger an Bedeutung. Wii, Xbox 360 und Playstation 3 haben eingeschworene Fangemeinden, aber das ganz große Ding sind schon die Onlinespiele. Soweit ich weiß, ist Südkorea eines der Länder mit den niedrigsten Konsolenumsätzen.

    Golem.de: Wie ist die Entwicklerszene in Korea strukturiert, wie viele Studios gibt es?

    Park: Wir haben um die tausend Studios, fünf davon sind richtig groß. Es gibt einen starken Trend zur Marktkonsolidierung und -konzentration. Wie überall überleben in erster Linie die großen, und die kleinen und mittleren müssen sich ihre Nische suchen.

    Golem.de: Wie wird man in Korea Spieldesigner, welche Möglichkeiten des Studiums und der Fortbildung gibt es?

    Park: Wir hatten hier in Korea eine große Internetblase, viele frisch gegründete Firmen sind bankrottgegangen. Bis auf die Onlinespielefirmen, die viele Angestellte aus den pleitegegangenen Unternehmen eingestellt haben. Außerdem ist es so, dass sich unsere Regierung sehr bemüht, die Spielebranche zu fördern, etwa mit den Spieleakademien, mit denen man sich - zusätzlich zu den Angeboten an den Universitäten - auf die Branche vorbereiten kann.

    Golem.de: Wie schätzen Sie die Qualität der Ausbildung ein?

    Park: Wir haben ganz ausgezeichnete Spieleentwickler und Programmierer, das gilt hier als ein sehr prestigeträchtiger Beruf.

    Golem.de: Gibt es enge Beziehungen zwischen asiatischen und westlichen Entwicklerteams?

    Park: Früher war es wirklich schwierig für uns, Kontakt zu den westlichen Firmen aufzunehmen. Bis vor etwa fünf Jahren waren insbesondere die amerikanischen Entwickler und Publisher sehr konservativ. Wenn wir da mit Electronic Arts über Onlinespiele sprechen wollten, war die Antwort: Wir sind eine "Sports Company", Onlinespiele sind uns egal. Aber sie haben sich geändert. Viele US-Entwickler suchen jetzt nach Partnern in Korea, weil wir die Besten in Sachen Servertechnologie sind, und auch die japanischen Firmen kommen auf uns zu, obwohl sie ihren Schwerpunkt auf Konsolen legen.

    Golem.de: Wie kommt es, dass amerikanische und europäische Firmen in Asien so schwach vertreten sind?

    Park: Viele US- und Europateams machen immer noch die Art von Spiel, die sie mögen und nicht das, was der Kunde möchte. Besonders die europäischen Entwickler leben in einer Fantasiewelt, die meisten haben keine Ahnung, was asiatische Spieler mögen, dabei steht Asien für mehr als 50 Prozent des weltweiten Onlinespielemarktes. Vor zehn Jahren kannten wir den europäischen Markt noch nicht, aber das hat sich wegen des starken internationalen Wettbewerbs geändert.

    Golem.de: Was müssten die europäischen Entwickler denn lernen?

    Park: Sehen Sie sich mal Age of Conan an. Funcom hat garantiert schon einen Blick auf den asiatischen Markt geworfen. Sie müssten dann zum Beispiel wissen, dass die riesige Gruppe der Spieler in China ganz speziell tickt. Die sind extrem kampforientiert, sie lieben "Player versus Player", sogar die weiblichen Spieler sind sehr aggressiv. Wir in Korea sind eine Mischung aus aggressiv und gemeinschaftsorientiert und friedlich. Japan und Taiwan sind ganz gemeinschaftsorientiert, die töten sich nie und reden nur miteinander. Es ist notwendig, dass die Firmen ihre Produkte an den jeweiligen Markt anpassen.


    quelle: Golem.de
     
  2. 8. Juli 2008
    AW: Interview: So spielt der asiatische Markt online

    Da spalten sich wohl wieder die Wleten zwischen Europa und Asien. Kann ich eigentlich garnicht glauben.Ich denke bei den Europäern kommen Asiatische Entwicklungen gut an ( siehe Flyff ) und bei Asien kommen europäische Entwiklungen aber niht gut an. Schade drum. Auf jedenfall ein sehr interessantes Interview mit einem Mann der sich wirklich auskennen muss. Weil Asien so ein Onlineriese ist, ist auch die Mentalität und Spieleumgebung ganz anders. Deutschland ist eine Fußballnation und China (Asien) ist eine E-Sport Nation oder wie ?
     
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