Lügen bis sich die Bytes biegen

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von smo_0chy, 9. Oktober 2008 .

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  1. 9. Oktober 2008
    Lügen bis sich die Bytes biegen

    In E-Mails schreiben Menschen häufiger die Unwahrheit als in Briefen
    Elektronische Post verleitet offenbar mehr zum Schwindeln als herkömmliche Briefe. Darauf deuten Forschungsergebnisse hin, die Wissenschaftler bei einer Konferenz der Academy of Management im kalifornischen Anaheim vorgestellt haben (Social Justice Research Journal, im Druck). Bei dem Experiment erhielten 48 Studenten je 89 Dollar. Sie sollten jedoch einem fiktiven Partner einen beliebigen Anteil abgeben. Einzige Bedingung: Sie mussten dem Empfänger mitteilen, wie groß der zu teilende Betrag war und wie viel sie ihm davon anboten. Ein Teil der Studenten sollte dies per E-Mail kommunizieren, die übrigen handschriftlich. Zuvor wurde ihnen gesagt, der Partner wisse nur, dass es um eine Summe zwischen fünf und 100 Dollar gehe, und er könne das Angebot nicht verhandeln.



    Das Ergebnis fiel deutlich aus: Fast alle Teilnehmer (92 Prozent), die ihre Informationen per E-Mail weitergaben, logen ihren Partner glatt an. Sie nannten mit durchschnittlich 56 Dollar einen weit geringeren Betrag, als sie wirklich zu verteilen hatten, und behaupteten auch noch, sie würden mit 29 Dollar mehr als die Hälfte davon abgeben. Dagegen schrieben nur 64 Prozent derjenigen, die handschriftlich kommunizierten, die Unwahrheit. Auch sie versuchten, freigiebiger zu erscheinen als sie waren, traten aber einen höheren Anteil ab und blieben näher an der Wahrheit.

    Trau keinem in der Leitung

    Bei einer anschließenden Befragung gaben die E-Mail-Schreiber häufiger an, dass sie ihren Betrug für gerechtfertigt hielten. Je weniger sie sich dafür genierten, desto drastischer fielen ihre Lügen aus. Weitere Experimente zeigten, dass die Versuchsteilnehmer weniger logen, wenn ihnen mitgeteilt wurde, der Partner, mit dem sie teilen sollten, studiere an der gleichen Universität, als wenn sie glaubten, es handele sich um einen fremden Studenten.

    Eine Ursache für den laxen Umgang mit der Wahrheit könne sein, dass es für den E-Mail-Verkehr bislang weniger Regeln gebe als für traditionelle Briefe, vermuten die Autoren der Studie Charles Naquin von der De Paul University in Chicago, Terri Kurtzberg von der Rutgers University in New Jersey und Liuba Belkin von der Lehigh University in Pennsylvania. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass Versuchspersonen negativer über andere urteilen, wenn sie sich per E-Mail äußern, als wenn sie eine handschriftliche Bewertung abgeben. Offenbar sind Menschen beim Verfassen einer E-Mail hemmungsloser. "Gewisse soziale Normen scheinen im Online-Kontext im Vergleich zum Schriftverkehr reduziert zu sein", nehmen die Autoren an.

    E-Mails sind indes offenbar nicht das einzige Medium, das zur Lüge verleitet. Auch am Telefon kommt die Wahrheit häufig zu kurz, zeigte eine Studie an der Cornell University in Ithaca, New York, bereits vor einigen Jahren. Der Kommunikationswissenschaftler Jeffrey Hancock hatte eine Gruppe von Studenten veranlasst, in Tagebüchern für jedes längere Telefonat, jeden Austausch mit anderen und jedes persönliche Gespräch festzuhalten, wie oft sie dabei die Unwahrheit sagten. Im Schnitt schwindelten die Teilnehmer in einem Viertel aller Dialoge. 37 Prozent aller Telefonate enthielten eine Lüge, aber nur 14 Prozent der E-Mails. In 27 Prozent aller direkten Gespräche logen die Versuchsteilnehmer ihrem Gegenüber glatt ins Gesicht.

    Menschen riskierten seltener eine Lüge, wenn ihre Aussagen schriftlich festgehalten sind, folgerte Hancock damals, ohne jedoch Briefe zu untersuchen. Warum Lügner aber stärker fürchten sollten, später mit einer handschriftlich notierten Lüge konfrontiert zu werden als mit einer verlogenen E-Mail, die zudem besonders leicht weitergeleitet werden kann, bleibt ungeklärt. Die letzte Wahrheit über das Lügen ist offenbar noch nicht ergründet. WIEBKE RÖGENER


    Quelle: L
     
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