Konjunkturpaket II - Alles ist möglich

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von graci, 5. Dezember 2008 .

  1. 5. Dezember 2008
    ZEIT ONLINE 5.12.2008 - 15:39 Uhr [http://www.zeit.de/online/2008/50/konjunkturmassnahmen-uebersicht]

    Konjunkturpaket II

    Von Philip Faigle und Katharina Schuler
    Alles ist möglich
    Die SPD will Konsumgutscheine, CSU und FDP lieber Steuersenkungen: Es gibt viele Wege, die Wirtschaft anzukurbeln. Eine Übersicht mit den Vor- und Nachteilen

    Bis Anfang Januar will sich die Bundesregierung Zeit lassen, um über ein zweites Konjunkturpaket nachzudenken. Bis dahin wird es einige Diskussionen geben: Soll die Mehrwertsteuer gesenkt werden? Lieber die Einkommenssteuer? Oder sind Konsumschecks für alle Bürger besser geeignet, die Konjunktur zu beleben? ZEIT ONLINE hat die wichtigsten Vorschläge zusammengestellt.

    Klassische Investitionsprogramme

    Schon das erste Konjunkturprogramm enthält eine Reihe solcher Ansätze. Zum Beispiel gibt es mehr Fördergelder für die Sanierung von Gebäuden. Die Regierung will die Infrastruktur ärmerer Kommunen fördern und in die regionale Wirtschaftsstruktur investieren.

    Für ein zweites Konjunkturprogramm könnte die Regierung massiv Investitionen vorziehen und Milliarden in Bildung, Infrastruktur, Krankenhäuser und Schwimmbäder investieren. Oder aber sie fördert den Ausbau von Autobahnen, Breitbandnetzen oder den Einbau intelligenter Stromzähler.

    Vorteil: Das Geld fließt weitgehend ohne Streuverluste an die Unternehmen. Industrie und Handwerk erhielten neue Aufträge, die Konjunktur würde belebt. Mit dem Geld würden außerdem öffentliche Werte geschaffen, von denen die Gesellschaft langfristig profitiert.

    Nachteil: Zwischen der Bereitstellung der Gelder durch die Regierung bis zu dem Moment, in dem die Bagger rollen, vergeht in der Regel ziemlich viel Zeit. Das liegt an dem komplizierten Vergaberecht. Auch ist gar nicht sicher, dass nur einheimische Firmen profitieren würden. Denn selbst mittelgroße Aufträge müssen europaweit ausgeschrieben werden. Auch der deutsche Föderalismus steht solchen Programmen im Weg. Das Grundgesetz verbietet direkte Finanzspritzen an die Kommunen. Personalkosten dürfen beispielsweise nicht übernommen werden.

    Steuersenkungen

    Sie stehen vor allem bei CSU und FDP aber auch bei Teilen der CDU hoch im Kurs, denn sie entsprechen dem traditionellen Wertekanon der Parteien. Statt den Staat zu stärken, wie dies durch klassische Investitionsprogramme geschähe, gibt man dem "mündigen Bürger" Geld, damit er selbst entscheidet, wofür er es ausgibt.

    Vorteil: Ein Teil der Bevölkerung hat mehr Geld zur Verfügung, das er in die Läden tragen kann.

    Nachteil: 24 Millionen Haushalte in Deutschland zahlen überhaupt keine Einkommenssteuer - und würden daher nicht profitieren. Allen anderen würde das zusätzliche Geld nur mit einer gewissen Zeitverzögerung zur Verfügung stehen. Bis die Firmen ihre Lohnbuchhaltung umgestellt haben, vergehen oft Monate. Selbstständige, die ihre Steuervorauszahlungen zum Beispiel nur im Vierteljahreszeitraum vornehmen, müssten noch länger warten. Zugleich ist unklar, was die Leute mit dem zusätzlichen Geld machen. Sparen sie es oder kaufen davon ausländische Produkte, profitiert die deutsche Wirtschaft davon erstmal nicht.

    Senkung der Mehrwertsteuer

    Die Forderung: Die Mehrwertsteuer kurzfristig zu senken, so wie es die Briten zuletzt gemacht haben. Möglich wäre etwa eine Reduzierung des Steuersatzes um zwei Prozentpunkte oder mehr. Damit würde die Regierung jedoch ihre eigene Politik konterkarieren. Erst Anfang 2007 hatte sie die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte erhöht.

    Vorteil: Im besten Falle würden die Produkte so billiger. Die Bürger würden mehr einkaufen, die Binnennachfrage steigen.

    Nachteil: Es ist keinesfalls sicher, dass die Unternehmen die Steuersenkung tatsächlich an die Bürger weiter reichen. Tun sie das nicht, würde der Staat kurzfristig den Einzelhandel subventionieren, statt den Konsum anzukurbeln. Zudem ist es fraglich, ob die Bürger mehr einkaufen gehen, wenn die Produkte leicht billiger werden. Schon jetzt gewähren viele Unternehmen – zum Beispiel Autohändler – großzügige Rabatte, ohne dass die Nachfrage angesprungen wäre.

    Einmalzahlungen an Empfänger von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II:

    Vorteil: Während von Steuersenkungen nur Menschen profitieren würden, denen es ohnehin ganz gut geht, würden in diesem Fall wirklich Bedürftige vom Staat unterstützt. Denkbar wäre auch eine Kombination aus Einmalzahlungen und Steuersenkungen. Die Zahlungen an wenig Begüterte hätten den Vorteil, dass diese das Geld nicht sparen, sondern sofort ausgeben würden. Es flösse also direkt in den Wirtschaftskreislauf zurück.

    Nachteil: Genau wie bei den Steuersenkungen weiß man nicht, ob und was die Menschen kaufen.

    Konsumgutscheine

    Einer der heißesten Vorschläge ist die Ausgabe von Konsumschecks. Die Idee: Der Staat verteilt Konsumgutscheine an alle Bürger. Diese können dann beim Einzelhandel eingelöst werden. Während die USA mit Steuerschecks schon einige Erfahrungen gesammelt haben, wäre ein solcher Plan für Deutschland ein Novum.

    Eine Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach schlägt konkret vor, jedem erwachsenen Bürger einen Scheck in Höhe von 500 Euro zu schicken. Denkbar sind auch zwei Schecks à 250 Euro. Binnen acht Wochen können die Bürger die Gutscheine im Einzelhandel einlösen.

    Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), plädiert hingegen für Steuerschecks, mit dem die Bürger machen können, was sie wollen. Konkret sieht der IMK-Plan vor, dass jeder Bürger – auch Kinder – einen Scheck über 125 Euro erhalten. Eine vierköpfige Familie würde so insgesamt 500 Euro erhalten.

    Vorteil: Konsumschecks erhöhen unter Umständen schneller als jede andere Konjunkturmaßnahme die Binnennachfrage und belasten den Haushalt nicht dauerhaft. Außerdem kämen die Schecks – anders als eine Senkung der Einkommenssteuer – allen Bürgern zugute, nicht nur jenen, die Steuern zahlen.

    Nachteil: Womöglich entfachen die Schecks überhaupt keine neue Nachfrage, weil die Bürger schlicht Produkte kaufen, die sie ohnehin konsumiert hätten. "Mitnahmeeffekte" nennen das die Ökonomen. Oder aber sie ziehen Anschaffungen vor, die sie erst später gemacht hätten. Womöglich würde so die Konjunktur im kommenden Jahr wieder einbrechen – die Wirkung der Steuerschecks wäre verpufft.

    Zudem ist es eher unwahrscheinlich, dass die Juristen im Finanzministerium in so kurzer Zeit einen Gesetzesentwurf vorlegen können, der wasserdicht ist.

    Maßnahmen, die nichts kosten

    Sie gehören verständlicherweise zu den Lieblingsideen der Kanzlerin, des Finanzministers und aller Haushaltspolitiker. Gemeint sind gesetzliche Änderungen zum Beispiel beim Vergabe- oder Mietrecht, die Investitionen begünstigen, weil sie die Bedingungen dafür verbessern.

    Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Sie kosten nichts.

    Nachteil: Politisch bergen sie teilweise erhebliches Konfliktpotenzial.

    Beispiel: Mietrecht

    Dürften Hauseigentümer die Kosten für die Sanierung und Wärmedämmerung der Gebäude auf die Mieten abwälzen, könnte eine neue Welle von Investitionen entstehen – glaubt man zumindest in Regierungskreisen. Aus energiepolitischer Sicht wäre das dringend nötig: Nur jede zwölfte Wohnung in Deutschland wurde bislang energetisch saniert. Insgesamt wären 200 Milliarden Euro nötig, um alle Gebäude in Deutschland energieeffizient zu machen.

    Tatsächlich lohnt sich die Wärmedämmung und Sanierung alter Gebäude für viele Vermieter derzeit noch nicht. Zuletzt sind die Energiepreise drastisch gesunken. Deshalb hätte kurzfristig der Vermieter, der seine Gebäude saniert, sogar einen Nachteil.

    Zudem zeigen mehrere Umfragen, dass Mieter nicht bereit sind, eine Erhöhung der Kaltmiete hinzunehmen, in denen die Investitionskosten eingerechnet sind – selbst dann, wenn dauerhaft die Warmmiete durch eine bessere Dämmung sinkt. Viele Mieter werden eher die Wohnung wechseln, als die höhere Miete zu akzeptieren. Energieeffiziente Wohnungen könnten dann leer stehen.






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  2. 5. Dezember 2008
    AW: Konjunkturpaket II - Alles ist möglich

    Wie geil waeren diese Gutscheine bitte?

    Einfach mal 500€, ich hoff das kommt durch

    lg
     
  3. 5. Dezember 2008
    AW: Konjunkturpaket II - Alles ist möglich

    Die Bundesregierung hat es zur Zeit wirklich sehr schwer. Denn, wie auch immer die Entscheidung ausfallen wird, die Folgen sind nicht zu berechnen und es besteht immer das Risiko, dass etwas schiefgeht und nicht so läuft, wie geplant.

    Ich bin der Meinung, dass eine kurzfristige und nicht-langanhaltende Finanzspritze für die Bürger angebracht wäre. Die Konsumgutscheine sind dafür wie geschaffen. So kommt dem Handel und der Industrie schnell Geld zu Gute. Die Gutscheine sind deshalb ideal, weil der Staat nicht 100% des Gutscheinbetrages übernimmt. Die Bürger müssten eigenes Geld dazugeben. So gelangt gespartes Geld in den Wirtschaftskreislauf.
    Wenn langanhaltende Maßnahmen (Steuersenkung etc.) eingeleitet werden, dann wird der Bonus evtl. nicht verbraucht sondern schön auf die Bank geschafft. Also würde nicht viel in die Wirtschaft fließen.

    Die Maßnahmen der Steuersenkung machen mir deshalb Bedenken, da Parteien sich schwer stellen dauerhafte Bonuszahlungen wieder rückgängig zu machen, da sich dies negativ auf ihre Popularitätswerte auswirken könnte.
    Genaus so denke ich, dass Parteien auch in solchen schweren Zeiten immer ihre Umfragewerte im Hinterkopf haben. So würden es bestimmt die meisten Bürger lieber sehen, dass Steuern gesenkt werden.
    Ich bin deshalb gespannt, welche Entscheidungen getroffen werden und wie sie sich evtl. auf die nicht mehr weit entfernte Bundestagswahl auswirken.


    Gruß
     
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