Elektronische Gesundheitskarte: Ärzte kritisieren Start des Rollouts

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von zwa3hnn, 17. Dezember 2008 .

  1. 17. Dezember 2008
    Elektronische Gesundheitskarte: Ärzte kritisieren Start des Rollouts

    Die Bundesärztekammer (BÄK) hat sich gegen den angelaufenen Rollout der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) ausgesprochen und diesen als überstürzt kritisiert. Der Aktionismus sei nicht dazu angetan, die Erkenntnisse des Zwischenberichtes zu berücksichtigen. Auch die Ärzteorganisation IPPNW hat sich gegen den Rollout gestellt und diesen als "Salami-Taktik zur Überwindung der Widerstände" bezeichnet, "die einer demokratischen Gesellschaft unwürdig ist."

    In der Stellungnahme der Bundesärztekammer wird vor dem inszenierten Zeitdruck gewarnt. "Vor dem Hintergrund des jüngst veröffentlichten Berichtes zu den Feldtests ist es aber völlig unangemessen, ausschließlich aus Gründen eines politisch motivierten Zeitdrucks unabwendbare Entscheidungen mit erheblichen Folgen zu treffen", wird Hauptgeschäftsführer Christoph Fuchs zitiert. Die teilweise ernüchternden Testergebnisse, die im Zwischenbericht zu den Feldtests stehen, seien noch nicht ansatzweise in der Öffentlichkeit beraten worden. Sorgfalt müsse vor Schnelligkeit gehen, so Fuchs in der Stellungnahme der Bundesärztekammer, die einen "Strategiewechsel" der Projektgesellschaft Gematik wirksam werden sieht. Danach soll mit dem Rollout nicht nur der bessere Abgleich der Versichertenstammdaten per eGK etabliert, sondern auch die Punkt-zu-Punkt-Kommunikation unter den Ärzten ausgebaut werden. Dazu gehört der elektronische Arztbrief wie die Übermittlung von Labordaten etc. per E-Mail.

    Gegen diesen Strategiewechsel beharrt die Bundesärztekammer auf der Freiwilligkeit der Mitarbeit ihrer Mitglieder. Der Rollout dürfe keine Zwangsveranstaltung sein. "Es muss der freiwilligen Entscheidung der einzelnen Ärzte überlassen bleiben, ob sie überhaupt und – wenn ja – zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang die elektronische Gesundheitskarte über ihre Funktionen als Ersatz der bisherigen Krankenversicherungskarte hinaus einsetzen und wann eine Online-Anbindung im Rahmen des Projektes erfolgt. Die Freiwilligkeit darf auch nicht durch Vorgaben der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen ausgehöhlt werden", erklärte Fuchs.

    Die Kritik des BÄK-Hauptgeschäftsführers richtet sich gegen die Geräte-Pauschalen, die Ärzte für die Anschaffung und Installation von eGK-Terminals erhalten. In der Region Nordrhein will die zuständige Kassenärztliche Vereinigung durch eine harte Vorgabe den Rollout beschleunigen: Nur wer die neue Hardware bis zum 30. 6. 2009 installiert, kann die Pauschale abrufen. Ob die Pauschalen, die vorerst nur für die Region Nordrhein gezahlt werden, ausreichen, ist ohnehin fraglich. In einer Art konzertierten Aktion haben die Hersteller von Praxis-Software begonnen, zum neuen Jahr ihre monatlichen Wartungskosten um durchschnittlich 40 Prozent zu erhöhen.

    Mit einem Aufruf Keine E-Card-Lesegeräte in unseren Praxen! haben sich die "Ärzte in sozialer Verantwortung" (IPPNW) gegen die Installation der Lesegeräte gestellt. Vorstandsmitglied Matthias Jochheim kritisierte in der IPPNW-Stellungnahme die "Anschaffung von Lesegeräten für diese aus datenschutzrechtlichen Gründen hochgefährliche Technologie". Für die IPPNW-Ärzte ist der medizinische Nutzen der Karte nicht belegt; außerdem würden die bisherigen (ablehnenden) Beschlüsse der Ärzteschaft von den Betreibern und besonders der Bundesregierung ignoriert. Die schrittweise Einführung mit Lesegeräten, dann mit neuen Karten, sei eine der Demokratie unwürdige Salami-Taktik, mit der sich die Betreiber vor einer kritischen Diskussion drückten. Schließlich gebe es keine rechtliche Handhabe, die Installation der neuen Lesegeräte in den Praxen zu erzwingen, da die bisherigen Chip-Karten weiter im Umlauf blieben, lautet die Stellungnahme der IPPNW-Ärzte. Sie will damit den Handlungsdruck von den Ärzten nehmen.

    Zur elektronischen Gesundheitskarte siehe auch:

    Die Auseinandersetzung um die Digitalisierung des Gesundheitswesens


    quelle: heise online
     
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