US-Senat ratifiziert Cybercrime-Konvention

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von Melcos, 5. August 2006 .

  1. 5. August 2006
    US-Senat ratifiziert Cybercrime-Konvention

    Der US-Senat hat Ende der Woche einen Tag vor seiner Sommerpause nach einiger Verzögerung die umstrittene Cybercrime-Konvention des Europarats ratifiziert. Die USA wollen mit der Umsetzung des lange umkämpften Abkommens des Europarats die internationale Strafverfolgung im Bereich Computer- und Internetkriminalität verbessern. Der Vorsitzende des federführenden außenpolitischen Ausschusses des Senats, der Republikaner Richard Lugar, erhofft sich von dem internationalen Vertrag Abhilfe gegen Terroristen, Computer-Hacker, Geldwäscher und die Verbreiter von Kinder ographie. US-Bürgerrechtler fürchten dagegen, dass das Abkommen aufgrund der neuen Pflichten zur gegenseitigen Unterstützung bei der internationalen Strafverfolgung weit über das Ziel hinausschießt.

    Die fast 50 Mitglieder des Europarats, mit dem auch nicht-europäische Nationen wie die USA mehr oder weniger eng assoziiert sind, haben das Cybercrime-Abkommen in 2001 nach mehrjähriger, größtenteils hinter verschlossenen Türen erfolgter Vorbereitungszeit verabschiedet. Es sieht erweiterte Befugnisse zum Abhören der Internetkommunikation "in Echtzeit" und zum grenzüberschreitenden Datenaustausch vor. Mit der Ratifzierung des umfassenden Vertrags müssen auch Vorkehrungen getroffen werden, Verbindungs- und Standortdaten aus dem Telekommunikationsbereich auf Zuruf der Behörden aufzubewahren. Neue EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung gehen allerdings bereits weit über dieses so genannte "Quick Freeze"-Verfahren hinaus. Cracken, illegales Abhören, Eindringen in und Stören von Computersystemen sowie das Stehlen, Manipulieren oder Löschen von Daten müssen gemäß dem Abkommen kriminalisiert werden. Auch die Verletzung von Urheberrechten, das Umgehen von Kopierschutzsystemen sowie das Herstellen, Verbreiten und Verfügbarmachen von Kinder ographie ist unter Strafe zu stellen.

    Nach Ansicht von Datenschützern verstößt die Konvention trotz ihrer mannigfachen Überarbeitung gegen Grundrechtskataloge wie die wie europäische Menschenrechtsverträge. Laut Rechtsexperten kommt die Umsetzung des Paragraphenwerks einem "kompletten Bann von Hacking" gleich. Sie würde demnach auch allgemeine Sicherheitstests in eine rechtliche Grauzone bugsieren. Befürchtungen (PDF-Datei) des Electronic Privacy Information Center (EPIC) zufolge bedroht der Vertrag "essenzielle rechtliche Schutzvorkehrungen aus der Verfassung der Vereinigten Staaten für Personen in den USA." Er schaffe massive neue Ermittlungsbefugnisse, berücksichtige dabei aber Belange des Datenschutzes nicht. US-Strafverfolger müssten mit der Ratifizierung gegen eigene Bürger ermitteln, auch wenn die ihnen zur Last gelegte Tat nach US-Recht nicht strafbar sei.

    US-Justizminister Alberto Gonzales begrüßte die Ratifizierung des Abkommens am gestrigen Freitag. Seiner Ansicht nach "befindet es sich in vollem Einklang mit allen US-Verfassungsrechten wie dem Recht zur freien Meinungsäußerung oder andern Bürgerrechten." Änderungen am US-Recht seien mit der Umsetzung gar nicht erforderlich. Zuvor hatte US-Präsident George W. Bush den Senat bereits 2003 gebeten, die Konvention zu ratifizieren. Grünes Licht dafür hatte der außenpolitische Ausschuss des US-Senats vor mehr als einem Jahr gegeben. Die USA schlossen sich allerdings nicht einem Zusatzprotokoll zu dem Abkommen an, das die Verbreitung rassistischer Propaganda, die missbräuchliche Speicherung von Hassbotschaften und die Benutzung des Internet zum Menschenhandel unter Verbot stellt.

    Rückenstärkung erhalten die Senatoren und die US-Regierung aus Industrieverbänden wie der Business Software Alliance (BSA), der Konzerne wie Apple, Cisco, IBM, Intel oder Microsoft angehören. Die Lobbyvereinigung lobte den Vertrag als "wichtiges Werkzeug im globalen Kampf gegen Cyberkriminelle". Die BSA-Mitglieder sind vor allem erfreut darüber, dass die Europarat-Staaten Copyright-Verletzungen kriminalisieren. Aber auch die Cyber Security Industry Alliance, zu der sich Sicherheitsfirmen wie McAfee, RSA Security oder Symantec angeschlossen haben, feierte den "Meilenstein" im internationalen Vorgehen gegen Computergauner.

    Insgesamt haben neben den USA inzwischen 15 Staaten die Konvention ratifiziert. Dazu gehören Albanien, Dänemark, Frankreich, Kroatien, Norwegen oder die Ukraine. Deutschland lässt sich weiter Zeit mit der Umsetzung des Papiers. Die Bundesregierung erachtet es momentan anscheinend als vordringlicher, zunächst den kaum weniger umstrittenen EU-Rahmenbeschluss über Angriffe auf Informationssysteme zu implementieren. Verboten werden sollen damit unter anderem das unerlaubte Eindringen in Computersysteme, das Verbreiten von Viren oder Angriffe auf Online-Dienste etwa durch Denial-of-Service-Attacken.

    source: heise.de
     
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