Lage der deutschen Banken - Jetzt geht die Krise richtig los

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von graci, 3. Februar 2009 .

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  1. 3. Februar 2009
    DIE ZEIT, 22.01.2009 Nr. 05 [http://www.zeit.de/2009/05/Banken]

    Von Mark Schieritz und Arne Storn
    Warum es um die Banken noch viel schlimmer steht, als bisher gedacht

    Jochen Sanio liebt drastische Bilder. Doch selbst dem obersten staatlichen Bankenaufseher in Deutschland gehen allmählich die Vergleiche aus, wenn er die Lage im Kreditwesen beschreiben soll. Das internationale Finanzsystem ähnele inzwischen »den Straßen von Neapel zu Zeiten des Müllnotstandes«, sagte Sanio vergangene Woche auf dem Neujahrsempfang seiner Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Frankfurt.

    Stimmt. Die Banken sitzen auf Bergen von Papieren und Kreditforderungen, die nur noch für die Tonne taugen. Ihr Wert sinkt drastisch, das zwingt zu Abschreibungen und lässt die Verluste in die Höhe schnellen. Hierzulande meldete die Deutsche Bank gerade eines der schlechtesten Quartalsergebnisse ihrer Geschichte – 4,8 Milliarden Euro Verlust. Der Aktienkurs stürzte ab, das Institut ist an der Börse nur noch zehn Milliarden Euro wert. In Amerika verzeichnete die Citigroup ein Minus von 8,3 Milliarden Dollar binnen drei Monaten. In Großbritannien beklagt die Royal Bank of Scotland einen Jahresverlust von 28 Milliarden Pfund. So viele Miese hat noch kein Konzern im Königreich geschrieben.

    Vielleicht wird es alles noch schlimmer. Allein in den Büchern von 18 großen deutschen Banken stehen nach einer Umfrage von Bundesbank und Finanzaufsicht BaFin sogenannte Asset Backed Securities (ABS) in Höhe von 305 Milliarden Euro. Das sind Wertpapiere, die mit Forderungen besichert sind; mit Krediten etwa, die in einer Krise gerne mal reihenweise ausfallen. Rechnet man andere Risiken wie Übernahmekredite hinzu, steige die Summe »locker auf das Doppelte«, heißt es in Regierungskreisen. Das gesamte Kapital der deutschen Banken beläuft sich jedoch gerade einmal auf 400 Milliarden Euro.

    So wird immer deutlicher: Die bisherigen Rettungspakete haben die Abwärtsspirale nicht gestoppt. Diese Programme, sagt Raghuram Rajan, früher Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds, hätten zwar den völligen Zusammenbruch des Finanzsystems verhindert. Doch nur wenn der Staat erneut Milliardenbeträge ausgebe, bestehe die Chance, dass es den Banken bald wieder besser gehe, dass man ihnen wieder vertraue, dass sie die Wirtschaft ausreichend mit Geld versorgten und so wieder Blut durch die Arterien der Volkswirtschaften fließe.

    Deshalb rollt jetzt die zweite Rettungswelle. In Dänemark gewährt die Regierung den Banken mehr als 13 Milliarden Euro, in Großbritannien sichert der Staat sie gegen Kreditausfälle ab, die USA arbeiten an einem neuen Paket. Auch in Deutschland kommen die Dinge in Bewegung. Umstritten ist, wie die zweite Auflage der Rettung organisiert werden soll: Soll der Staat die Institute weiter mit Kapital versorgen, bis hin zur völligen Nationalisierung des Bankensystems? Oder soll er ihnen ihre riskanten Papiere abkaufen und in eine bad bank auslagern, eine Art öffentlicher Mülldeponie für aussortierte Finanzmarktprodukte? Es geht auch darum, wie stark sich die Regierung in die Wirtschaft einmischen soll – eine Frage von enormer politischer Sprengkraft.

    Die Deutsche Bank arbeitet mit einem großen Hebel

    Wer verstehen will, wo die neuen Löcher herkommen, muss sich in die Niederungen der Bankbilanzen begeben. Eine Bank verleiht Geld – an mittelständische Unternehmen, an Bauherren oder an Autokäufer. Zusammen mit Wertpapieren bilden Kredite die Aktiva in der Bilanz der Bank. Finanziert werden diese Aktiva mit Geld, das der Bank gehört – dem Eigenkapital, und Geld, das andere der Bank bereitstellen – dem Fremdkapital. Die Deutsche Bank etwa stemmte Ende September mit nur 41 Milliarden Euro Eigenkapital Aktiva von 2061 Milliarden Euro – ein gigantischer Hebel von 1 zu 50.

    Über die Stärke eines Finanzhauses sagt dieses Verhältnis noch nicht allzu viel aus. Eine Bank, die riskante Geschäfte tätigt, muss eher mit einem Verlust rechnen als ein Institut, das Staatsanleihen der Schweiz kauft und aufs Jonglieren an der Börse verzichtet. Deshalb gewichten Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer die Engagements einer Bank nach deren Ausfallrisiko. Für diese »risikogewichteten Aktiva« muss die Bank Kernkapital auf die hohe Kante legen, jenen Teil des Eigenkapitals, der der Bank unverrückbar gehört. Je höher das Risiko, desto mehr Kernkapital ist nötig. So gerechnet, standen bei der Deutschen Bank einem Kernkapital von 33 Milliarden Euro risikogewichtete Aktiva von 319 Milliarden Euro gegenüber. Ein Hebel von 1 zu 10.

    In die Enge geraten die Banken nun auf drei Wegen. Erstens schmilzt ihr Kernkapital: Die Kurse vieler riskanter Wertpapiere sinken dramatisch, das führt zu Abschreibungen und Milliardenverlusten. Zweitens steigt die Summe der risikogewichteten Aktiva, denn die verbleibenden Engagements gelten als riskanter denn je. So stufen Ratingagenturen heute selbst Anleihen großer Industrieländer riskanter ein als noch vor Kurzem. Drittens fordern Investoren immer höhere Puffer und drohen, ihr Geld abzuziehen. Die Aufsicht verlangt eine Kernkapitalquote von vier Prozent, Anleger und Analysten indes fordern derzeit zehn Prozent und mehr. Sie fürchten, dass in den Bilanzen noch weitere Risiken stecken.

    Dafür gibt es auch Anzeichen. Bundesbank und BaFin halten in Deutschland einen Gesamtbestand an forderungsbesicherten Wertpapieren von »320 Milliarden Euro für plausibel«. Dieser sei mit Stand 30. September zu 23 Prozent wertberichtigt gewesen, in den Büchern stünden noch 246 Milliarden. Alle Experten glauben, dass der eigentliche Wert niedriger ist, dass also weitere Korrekturen nötig werden.

    Dabei wird es nicht bleiben. Neben den Wertpapieren werden den Banken bald auch Kredite Probleme bereiten. Je stärker die Rezession voranschreitet, desto mehr normale Kredite werden ausfallen. Das, so ein hochrangiger Frankfurter Banker, werde die Banken vor allem im zweiten und dritten Quartal 2009 treffen und zu neuen Verlusten führen. Zugleich würden mehr Kredite als riskant eingestuft. »Für die Institute ist das lebensbedrohlich«, sagt der Banker. Als Ausweg bleibt ihnen, frisches Kapital einzusammeln oder riskante Aktiva zu verkaufen. Beides ist derzeit am Markt kaum möglich – wer gibt den Banken Geld? Wer kauft ihnen noch was ab?

    Nur der Staat. Er kann helfen. Variante 1: Die Therapie wird beibehalten, aber die Dosis erhöht – das bedeutet neue staatliche Kapitalspritzen. Variante 2: Der Staat setzt bei den toxischen Wertpapieren an, kauft sie und steckt sie in eine Bad Bank.

    Für die zweite Lösung wirbt das deutsche Finanzgewerbe seit Wochen in Berlin. Josef Ackermann hat sie der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich nahegelegt. Übernehme der Staat die Papiere, sei Schluss mit Abschreibungen und Misstrauen, das Kapital der Banken werde geschont, sie könnten wieder mehr Kredite vergeben. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist da skeptisch: Eine Bad Bank könne er sich »ökonomisch und vor allem politisch nicht vorstellen«, sagte er am Wochenende. Den Banken, heißt es in seinem Umfeld, gehe es doch nur darum, ihren Müll beim Staat abzuladen.

    Die schwierigste Frage: Zu welchem Preis soll der Staat den Banken die Papiere abkaufen? Die meisten dieser Finanzprodukte sind extrem komplex, Marktpreise existieren derzeit kaum. Zahlt der Staat zu wenig, reißt das neue Löcher in die Bankbilanzen. Zahlt er über Wert, hat der Steuerzahler das Nachsehen. Ein weiteres Problem: Um neues Vertrauen zu schaffen, müsste die Regierung wohl nicht nur die heute problematischen Wertpapiere abnehmen, sondern den Banken zusichern, auch künftige Ausfallrisiken zu kaufen – »spätestens bei dieser Vorstellung siegt in mir der Steuerzahler über den Aufseher«, sagt BaFin-Chef Sanio. Allein für eine Bad Bank für die ABS-Papiere müssten 246 Milliarden Euro »als finanzieller Aufwand einkalkuliert werden«, so die Untersuchung von BaFin und Bundesbank.

    Ein Wirtschaftsprofessor fordert, alle Banken zu nationalisieren

    In Berlin setzt man vorerst weiter auf Kapitalspritzen. Der Staat erhält dafür Anteile an der Bank, die ihm Kontrollrechte einräumen und die er später wieder zu Geld machen kann. Reichen aber die 80 Milliarden Euro, die der Regierungsfonds dafür vorsieht und von denen 18 Milliarden Euro allein an die Commerzbank gingen? »Sollen alle Banken auf eine Kernkapitalquote von zehn Prozent gebracht werden, wird es eng«, sagt ein Topbanker. Intern stellt sich die Koalition bereits darauf ein, dass der Fonds aufgestockt werden muss. Die Rede ist von mindestens weiteren 40 Milliarden Euro für Eigenkapitalhilfen. Auch könnte er umgebaut werden: So kann der Fonds den Banken bereits jetzt Wertpapiere abkaufen, aber nur im Wert von je maximal fünf Milliarden und für eine Zeit von drei Jahren. Diese Grenzen könnten erweitert werden. »Kein vernünftiger Bundestagsabgeordneter würde sich einer sinnvollen Optimierung in den Weg stellen«, sagt Hans-Ulrich Krüger, finanzpolitischer Sprecher der SPD.

    Nach Einschätzung von Willem Buiter, Wirtschaftsprofessor an der London School of Economics, ist es mit Nachbesserungen im Detail indes nicht getan. Er hält den Kapitalbedarf für so groß, dass die völlige Nationalisierung des Finanzsektors geboten sei. Viele Experten in Bundesbank und BaFin denken ähnlich. Eine »Zwangsverstaatlichung« der betroffenen Banken sei im Vergleich zur Bad Bank die bessere »Ultima Ratio«, sagt Chefaufseher Sanio.

    Als Beispiel dient stets Schweden: Dort lagerte der Staat in den neunziger Jahren den Müll von Banken aus, aber nur von solchen, die er zwecks Sanierung übernommen hatte. Die Gefahr, dass öffentliche Gelder bei der Aufspaltung eines Instituts versickern, ist damit praktisch ausgeschaltet, denn der Staat ist ja Eigentümer der »guten« wie der »schlechten« Bank. Er kann als solcher überdies dafür sorgen, dass die Institute das frische Kapital für die Kreditvergabe nutzen und nicht als Dividende ausschütten. Die Schweden sanierten und rekapitalisierten die Finanzhäuser erfolgreich, Wertpapiere und Banken wurden später ohne große Verluste wieder verkauft.

    Eine flächendeckende Nationalisierung wäre aber ein gigantischer Eingriff in die Marktwirtschaft – und politisch extrem heikel. Wie heikel, zeigt das Gezerre um die Hypo Real Estate, den Staats- und Immobilienfinanzierer, der aus Expertensicht in seiner jetzigen Form nicht überlebensfähig ist. Doch vor allem in der Union gibt es Widerstand gegen Pläne, das Institut staatlich abzuwickeln – es ist Wahljahr, und Verstaatlichungen kämen bei ihrer Klientel nicht gut an. Schon können sich die ersten Unionspolitiker mit der Idee einer Bad Bank anfreunden, zumindest, wenn sich die Privatbanken daran beteiligen.

    Entscheidend für den Kurs der Großen Koalition wird am Ende aber auch sein, welchen Weg die anderen Industriestaaten einschlagen. »Die Debatte um das Konjunkturpaket hat gezeigt, wie schwer es ist, sich dem internationalen Trend zu widersetzen«, heißt es in der Regierung. In den USA neigt Notenbankchef Ben Bernanke zur Idee der Bad Bank. Die Briten gehen einen Mittelweg: Sie erhöhen die Staatsanteile und wollen Kreditausfälle der Banken versichern – gegen eine Gebühr und die Zusage, wieder vermehrt Kredite zu vergeben. Eine Bad Bank light also, mit dem Vorteil, dass der Staat weniger Geld vorschießen muss als im Fall eines Ankaufs. Schon preist Premier Gordon Brown sein Modell als Vorbild an. Auf dem Weltfinanzgipfel Anfang April in London will er die Methode diskutieren.

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    Ich hoffe meine Bank kündigt nicht meinen Studentenkredit, denn dann bin ich heftig am *****... Ist aber schon heftig, die Eigenkapitquote ist nur bei 4% Eigentlich ist es damit schon klar, dass irgendwann das System einstürzt. Was ich auch heftig finde: Banker verzapfen alles und der Staat soll Milliarden dazuschiessen, weil sonst das ganze Wirtschaftssystem einstürzt. Und die Steuerzahler blechen dafür, dabei hat der Bürger am wenigsten Schuld an diesem Desaster.
     
  2. 4. Februar 2009
    Oh Mann, dieser Artikel hat mir gezeigt, was viele Banken eigentlich machen. Dieter Nuhr hat das in seinem Jahresrückblick so treffend bezeichnet: Der Handel von Banken ist wie bei einem Bierstand: Ich habe 10L Bier da und will aber 1000L verkaufen. Blöd wirds halt, wenn jemand mehr als 10L haben will.
    Die Affen handeln ja echt mit nicht vorhandenem Geld, das muss man sich mal geben. An der Börse sitzt dann irgendeiner an nem Telefon und macht entweder den Arm hoch oder runter und schon ist eine Aktie mehr oder weniger wert.
    Wenn man bedenkt, dass das alles von der Immobilienkrise in den USA kommt.. Anfangs hat man da ja noch gemeint, man sollte sich schnell in den USA ein Haus kaufen - schön günstig. Jetzt ist es bis zu uns gekommen. Nur weil die Menschen Kredite an nicht kreditfähige Menschen vergeben und diese Pakete dann an uns verkauft haben.

    Tjo, was macht man jetzt zur Behebung des Problems? Ich find das Modell aus Großbritannien eigentlich eine ziemlich gute Sache. Da nimmt der Staat den Banken nicht einfach alles ab, sondern die müssen sich da auch mehr mit reinhängen. Wenn man hier in Deutschland die Sache mit den Bad Banks einführt, bin ich aber dafür, dass die Banken einen Teil davon selbst tragen und dass nicht einfach alles vom Staat abgenommen wird. Das würde zur Folge haben, dass die Banken ja quasi einen Freibrief bekommen. Sie können machen was sie wollen, der Staat rettet sie sowieso wenns schief geht. Tolles Teil. -____-
    Die Sache mit den Schweden klang auch interessant. Vielleicht kann man sich da ja das ein oder andere Stückchen abschneiden.

    Ich denke mal, dass dein Studentenkredit nicht betroffen sein wird. Das ist ja relativ kleines Geld in deinem Fall. Wäre sinnlos einem Mittellosen das Geld zu streichen und nicht vorhandenes Geld wieder einzufordern. Dann lieber noch ein bisschen investieren und am Ende, wenn er Geld verdient auf der Matte stehen. ^^

    BW für den Artikel ist raus.
     
  3. 4. Februar 2009
    kam gestern Abend im Fernseh auch irgendwo ein Bericht - war schon sehr spät.
    Da gings um irgendeinen Kerl, der die Bankenkrise schon lange angekündigt hat und auch ein Buch darüber geschrieben hatte.
    Desweiteren wurde eine neue interessante These aufgezeigt: Die Banken sitzen jetzt auf einem Haufen Wertpapiere bzw. auf einem riesigen Haufen Geld (wegen niedrigen Leitzinsen etc. - wurde ganz genau erklärt wie alles dazu geführt hat aber weiß ich net mehr genau). Interessant wird es in dem Moment, wo die Banken dieses Geld dann freigeben und Kredite verleihen. Dann gibts wieder nen riesigen Geldschub im Umlauf und die Inflationsrate sollte heftig ansteigen.
    Die hatten da dann noch Diagramme aus den USA von den vergangenen Jahren - da konnte man erkennen, dass genau die Geldmenge im Umlauf über die Jahre langsam gestiegen ist und dann wegen genannter Problematik sich innerhalb von nur 4 Monaten auf einen Schlag verdoppelt hat!!!

    ich bin mal gespannt, was sich die Regierungen rund um die Welt da noch so alles einfallen lassen...

    bw is raus
     
  4. 4. Februar 2009
    wenn mann sein strafzettel nicht zahlt in deutschland,dann geht mann sogar für 30€ in den bau,wo mann dann auf diese art und weise die strafen absitzen muss.
    ich kenne einen fall da standen die beamten vor einer türe und wollten den säumigen parksünder abführen da jener seine knolle nicht gezahlt hat.

    die manager hauen milliarden in den sand und fahren weiter in der limo rum als ob nix passiert wäre..
    eine schande..denn es ist unser geld was da verjubelt wurde...
    ich denke ich lege mal ein paar eier in die sonne..beim nächsten weltwirtschaftsgipfel kommen die dann zum einsatz

    gruss
     
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