Haftungsregeln für Online-Anbieter heftig umkämpft

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von FlaXX, 4. März 2009 .

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  1. 4. März 2009
    Der Vorstoß der FDP-Fraktion zur Novellierung des Telemediengesetzes (TMG) und einer damit verknüpften Klarstellung der Verantwortlichkeiten von Providern stieß bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags am heutigen Mittwoch auf ein geteiltes Echo. Die meiste Zustimmung galt dem Ansatz der Liberalen, das Prinzip der grundsätzlichen Nicht-Verantwortlichkeit für "fremde" Inhalte erstmals auf die Betreiber von Suchmaschinen und Anbieter von Hyperlinks auszudehnen. Auch hier dürfe eine Haftung nachgelagerter Diensteanbieter erst in Frage kommen, wenn der Verletzer selbst nicht in Anspruch genommen werden könne, betonte etwa Henning Lesch vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco.

    Google-Justiziar Arnd Haller sprach von "Dutzenden Sperrungsanfragen", die der Suchmaschinenbetreiber täglich erhalte und Rechtsfragen rund um die Meinungsfreiheit so derzeit mehrfach pro Woche gerichtlich klären lassen müsse. Einzelne Gerichte würden zudem das Anzeigen von Bildern auf Ergebnislisten als Vervielfältigungshandlung mit allen Konsequenzen bis hin zu Schadensersatzansprüchen oder strafrechtlichen Maßnahmen sehen. Dem müsse im TMG und im Urheberrechtsgesetz entgegengewirkt werden.

    "Aus Sicht der Nutzer und der Verbraucherverbände sollte es keine Überwachungspflichten geben", begrüßte Patrick Breyer im Namen einer Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen zudem die Initiative der FDP, die von der Rechtsprechung vermehrt geforderten präventiven Kontrollauflagen an Diensteanbieter rund um die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen auszuschließen. Auch Wolf Osthaus, Rechtsexperte von eBay Deutschland, bemängelte die "durch die Störerhaftung aktivierten Überwachungspflichten". Derzeit wisse der Online-Marktplatz etwa nicht, ob bei einer beanstandeten Rechtsverletzung durch ein grünes T-Shirt auch ein gelbes erfasst sei und ein Verkauf unterbunden werden müsse.

    Als weniger praktikabel schätzte Osthaus die Forderung der Liberalen ein, dass Provider nur noch nach Vorlage eines vollstreckbaren Gerichtstitels verpflichtet werden sollen, inkriminierte Inhalte zu blockieren oder zu entfernen. Auch Jörg Heidrich, Justiziar des Heise Zeitschriften Verlags, bezeichnete es als fatal, wenn ein privater Forenanbieter die Kosten für einen entsprechenden Titel und die gerichtliche Prüfung von Ansprüchen tragen müsste. Er empfahl dem Gesetzgeber, besser einen Blick auf die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie aus Brüssel zu werfen. Darin werde eine Haftung des Providers ab Kenntnis einer Rechtsverletzung festgeschrieben. Dass damit die Anbieter in die Rolle eines Hilfsrichters gedrängt und im Zweifel Einträge sperren würden, sei das kleinere Übel gegenüber der von Hamburger Richtern aufgestellten vorausschauenden Überwachungspflichten. Zugleich machte Heidrich auch die bestehende Möglichkeit zur freien Wahl eines Gerichtsstands als "Riesenproblem" aus und stellte sich hinter die Linie des debattierten Gesetzesentwurfs, diesem "Shopping" nach wohlwollenden Richtern einen Riegel vorzuschieben.

    Christoph Kannengießer vom Markenverband rief nach größeren Anreizen für Plattformanbieter, Produktpiraterie von vornherein zu unterbinden. Er sprach sich daher gegen weitere Haftungsfreistellungen aus, da es sonst weniger Anreize gebe, etwa technische Filter einzusetzen. Die derzeitige Rechtslage gefährde das Geschäftsmodell von Auktionen nicht, während Verbraucher und Rechteinhaber vom Handel durch Plagiate massiv betroffen seien.

    Im Gegensatz etwa zum Branchenverband Bitkom erschien Breyer dringender noch als die Haftungsproblematik, bei der er für eine gerichtliche Kontrolle von Blockadewünschen plädierte, die Stärkung von Datenschutzbestimmungen im TMG. Dass die Speicherung von Daten in Endgeräten des Nutzers etwa über Cookies und der Zugriff darauf laut FDP nur noch nach Hinweis auf Widerspruchrechte der Verbraucher erlaubt sein soll, bezeichnete der Jurist als praktikablen Ansatz. Das Schutzniveau von Internetdaten müsse aber allgemein durch die Schaffung eines Telemediennutzungsgeheimnisses unter Einschluss von IP-Adressen erhöht werden. Eine Surfprotokollierung nach Art von Videoüberwachung mit automatischer Auswertung dürfe es nicht geben.

    Ob die große Koalition angesichts des geschilderten Reformdrucks vor den Bundestagswahlen im Herbst noch eine Überarbeitung des TMG anpacken wird, waren sich Vertreter der Union und der SPD noch nicht sicher. Die Grünen mahnten mit einem eigenen Antrag mit den Liberalen zur Eile. Darin spricht sich die Oppositionspartei neben der Forderung zur Beseitigung von Unklarheiten im Haftungsrecht etwa dafür aus, von der geplanten anlasslosen Erhebung von Nutzungsdaten durch die Diensteanbieter Abstand zu nehmen. Weiter positionieren sich die Grünen gegen die von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen gewünschte Regelung, Providern "eine leicht zu umgehende Sperrung" von Kinder o-Seiten im Web vorzuschreiben. Der Missbrauch von Kindern müsse vielmehr dort konsequent verfolgt werden, wo er entstehe.

    Quelle: Haftungsregeln für Online-Anbieter heftig umkämpft | heise online
     
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