Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von Agitator, 10. August 2006 .

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  1. 10. August 2006
    Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut

    Schneidend durchdringt die Stimme aus dem Megaphon den Platz vor dem Rathaus der Spreewaldstadt Lübben, läßt die Gespräche der Menschen in den Straßencafes und auf dem Markt verstummen. Unwirklich scheint seine Gestalt, gar fremd seine Worte. Sie gehören nicht hier her, in das Bild dieser Welt, zeichnen unheilvolle Risse, so daß der farbenfrohe Anstrich zerplatzt und die häßliche Realität zum Vorschein kommt.

    Nichts hat sich geändert, all die Jahre lang, längst erloschen sind die Hoffnungen derer, die da einst im Freiheitsrausch „Wir sind das Volk“ riefen. Stattdessen nur noch Dekadenz und Selbstsucht. Vergessen scheinen all die Opfer, die erbracht wurden, all das Leid, das ertragen werden mußte, um den Traum von Freiheit auch nur ein Stück Wirklichkeit werden zu lassen.

    Daß man sich der Verantwortung entzogen hat, davon spricht der junge Widerstandskämpfer in Häftlingskleidung. Daß man sich von der ersten Minute an hat korrumpieren lassen, damals, als man in langen Schlangen wartend die ersten hundert D-Mark entgegen nahm und plötzlich vergaß, daß im Gelben Elend noch immer Menschen in den Zellen gequält werden. Daß man sich selbst um die eigene Zukunft betrogen hat und nun nicht einmal mehr den Mut dazu aufbringt, es sich einzugestehen.

    Geblieben ist sie nicht, die D-Mark, genau so wie der alles vergessen machende Wohlstand, dafür aber die Knüppelschläge der Systemwächter, die Überwachung durch Agenten und Spitzel, die Schreib-, Rede- und Organisationsverbote, die Scheinprozesse, die politischen Knäste. Das wird durch diese Widerstandskämpfer sichtbar, immer dann, wenn eine Tür zerbricht, weil ein Sonderkommando des Systems nach ein paar Flugblättern sucht, immer dann, wenn man sie durch die Straßen der Städte jagt, weil sie es wagten, nach einer Zukunft zu suchen, immer dann wenn durch einen Urteilsspruch eine Lücke in ihre Gemeinschaft gerissen wird.

    Erdrückend wirkt die Stille vor dem Rathaus der Spreewaldstadt und sei es nur für ein paar Sekunden, so scheint es, als würden die umherstehenden Menschen begreifen, daß sie den Platz in der wartenden Schlange vor dem Bananenverkauf nur gegen einen Platz in der wartenden Schlange vor dem Arbeitsamt ausgetauscht haben. Daß sie den Traum von Freiheit tauschten, gegen hundert D-Mark Begrüßungsgeld, gegen Farbfernseher und Hochglanzmagazine. Daß sich im Grunde nichts geändert hat, außer, daß sie den Mut verloren haben, der es einst ermöglichte, die Fesseln zu sprengen.

    Im Regen hunderter Flugblätter verschwindet der junge Widerstandskämpfer so plötzlich, wie er aufgetaucht war. Als das letzte Blatt seine Ruhe auf dem Boden findet, löst sich die Starre der Menschen in den Straßencafes und auf dem Marktplatz. Jetzt drängen sie vor das Rathaus. „Bring mir auch eins mit“, ruft eine ältere Frau zu ihrem Begleiter.


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    Denkt einfach mal drüber nach.
     
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