Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von graci, 6. Mai 2009 .

  1. 6. Mai 2009
    ZEIT ONLINE 5.5.2009 - 09:59 Uhr [http://www.zeit.de/online/2009/19/piraten-marine]


    Was kann die Marine gegen Piraten ausrichten? Der Befehlshaber der deutschen Flotte sagt: Der Einsatz verschafft der Politik lediglich Zeit, bessere Maßnahmen zu finden.

    ZEIT ONLINE: Im Februar hatte die Marine bereits von einem Erfolg der Mission Atalanta gesprochen. Damals war die Anzahl der Angriffe deutlich gesunken. Seit Wochen nimmt die Zahl der Überfälle wieder zu. Wie bewerten Sie nun die Mission?

    Hans-Joachim Stricker: Ich bewerte die Mission nach wie vor als erfolgreich. Den Erfolg der Marinekräfte können Sie nur an dem gegebenen Auftrag messen – man kann ihn nicht an Wünschen festmachen. Der Auftrag lautet Konvoibildung im Golf von Aden und Schutz der Handelsschiffe, die sich solch einem Konvoi anschließen. Außerdem Schutz der Schiffe des World Food Programs auf ihrem Weg von Mombasa nach Mogadischu. Diese Aufgaben erledigen wir sehr erfolgreich. Bisher haben die Piraten noch kein Schiff aus einem Konvoi herausgepickt.

    ZEIT ONLINE: Wie viele Frachter und Tanker haben die Kriegsschiffe im Rahmen der Mission Atalanta bislang begleitet?

    Stricker: Insgesamt wurden 124 Schiffe durch den Golf von Aden eskortiert, darunter 24 Schiffe des Welternährungsprogramms, die mit Lebensmittel beladen waren.

    ZEIT ONLINE: Die Piraten schlagen nun auch weit von der ostafrikanischen Küste entfernt im Indischen Ozean zu. Dort fahren keine geschützten Konvois. Muss die Marine ihre Taktik ändern?

    Stricker: Das Ausweichen der Seeräuber nach Osten belegt doch unseren Erfolg. Die Piraten kommen im Golf von Aden nicht mehr so zum Zug, wie das bisher der Fall gewesen ist. Die Piraten meiden das Gebiet, in dem die Kriegsschiffe patrouillieren. Unser Einsatzgebiet reicht nicht so weit in den Ozean hinein, wie die Piraten hinausfahren. Dort operieren wir nicht.

    ZEIT ONLINE: In den vergangenen Tagen wurden mehrere Schiffe überfallen, die ohne Konvoi unterwegs waren. Wieso verzichten Reeder auf die Begleitung ihrer Frachter durch Kriegsschiffe?

    Stricker: Die meisten Schiffe sind mitten auf dem Indischen Ozean angegriffen worden. Die Überfälle fanden weit außerhalb unseres Einsatzgebietes statt. Die Seeräuber attackierten beispielsweise Handelsschiffe auf hoher See, die vom pakistanischen Karatschi nach Mombasa mit Nahrungsmitteln des Word Food Programs unterwegs waren.

    ZEIT ONLINE: Schon vor 300 Jahren setzte die Stadt Hamburg Konvoischiffe gegen afrikanische Piraten ein. Und im Mittelalter schützte die Hanse so ihre Koggen. Gibt es keine moderneren Methoden?

    Stricker: Die Piraten schießen mit Panzerfäusten und Maschinengewehren, da müssen wir der Bedrohung auf der gleichen Ebene entgegentreten. Deswegen ist die Begleitung von Handelsschiffen durch Fregatten und Korvetten der effektivste Schutz. Kriegsschiffe haben auf Seeräuber eine abschreckende Wirkung.

    ZEIT ONLINE: Moderne Piraterie ist eine Form der organisierten Kriminalität. Das ist ein Feld, auf dem Soldaten nur bedingt etwas ausrichten können ...

    Stricker: Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem langfristig nicht. Wir gewinnen für die Politik lediglich Zeit, damit sie zu anderen Maßnahmen kommen kann. Die Geberkonferenz für Somalia, die vor Kurzem in Brüssel stattgefunden hat, ist so ein Schritt. Das geht in die richtige Richtung. Die Mission Atalanta läuft weiter, und wir können nun beobachten, wie gut die Maßnahmen gegen die Piraten in Somalia greifen.

    ZEIT ONLINE: Es gibt Gerüchte, dass sich Islamisten und Piraten verbündet haben. Welche Erkenntnisse haben Sie dazu?

    Stricker: Bei diesem Punkt müssen wir aufpassen, dass wir nicht zu viel hineininterpretieren in die Aussage eines Islamistenführers, der die Piraterie vor der somalischen Küste gutgeheißen hat. 2006 hatten wir noch eine ganz andere Lage, da sind die islamischen Gerichtshöfe gegen Piraten vorgegangen und haben einige abgeurteilt. Von einer Verbrüderung der Terroristen mit den Piraten zu sprechen, halte ich für sehr gewagt.

    ZEIT ONLINE: Vor Kurzem wurde ein Versorgungsschiff der Marine von Piraten angegriffen. Wie hoch ist das Risiko für deutsche Soldaten, Opfer der Seeräuber zu werden?

    Stricker: Eine Gefahr für deutsche Soldaten ist nie auszuschließen. Wir gehen schließlich gegen Piraten vor, die schwer bewaffnet sind. Die Seeräuber sind aber nicht so tollkühn, dass sie Kriegsschiffe angreifen.

    ZEIT ONLINE: Von der Marine festgesetzte Piraten werden von der Bundeswehr an die kenianische Justiz übergeben. In Deutschland halten dies viele Juristen für bedenklich. Ist es für die Soldaten nicht unbefriedigend, wenn die Piraten abgeschoben und nicht in Deutschland verurteilt werden?

    Stricker: Das Gefühl ist bei den Soldaten nicht vorhanden. Die Piraten werden außerdem nicht einfach abgeschoben. Es gibt ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und Kenia zur Strafverfolgung der Piraten. Der erste Prozess hat begonnen, und die Weltöffentlichkeit kann überwachen, ob das Verfahren unseren Standards entspricht.

    ZEIT ONLINE: Kenianische Staatsanwälte haben sich beschwert, dass die Bundeswehr-Soldaten die Waffen der Piraten ins Meer geworfen und so Beweismittel vernichtet haben. Wie kam es dazu?

    Stricker: Die Waffen sind von den Soldaten fotografiert und vermessen worden, bevor sie versenkt wurden. Die Waffen, welche die Piraten verwenden, sind sehr alt und sehr unsicher. Da waren Panzerfäuste dabei, deren Munition 30 Jahre über der maximalen Lagerdauer lag. Die Geschosse hätten für die Besatzung eine ernste Gefahr dargestellt, wenn wir sie an Bord gelagert hätten.

    ZEIT ONLINE: Die Marine bekommt immer mehr Einsätze von der Politik zugewiesen. Vor Beirut sind Schiffe aktiv, am Horn von Afrika laufen zwei unterschiedliche Missionen gleichzeitig. Wie viele Einsätze kann die Marine noch schultern?

    Stricker: Irgendwann geht es nicht mehr, dass wir immer weitere Einsätze obendrauf bekommen. Sollte es eine weitere Situation irgendwo auf der Welt geben, die ein Eingreifen nötig macht, müssen andere Missionen beendet werden.

    Die Fragen stellte Hauke Friederichs.

    Vizeadmiral Hans-Joachim Stricker ist seit zwei Jahren Befehlshaber der deutschen Flotte. 1968 trat er in die Bundeswehr ein.
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    festnehmen, Schiff zerstören. Ich meine es ist doch nicht so einfach wieder Pirat zu sein, man braucht wieder ein Schiff und diese sind teuer. Warum geht es nicht?
     
  2. 6. Mai 2009
    AW: Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

    Anstatt Millionen von Euro für die Marine auszugeben, die doch nichts bringt, sollte man einfach bewaffnete Wachmänner auf den Schiffen stationieren. Unterstützt wird das ganze dann durch viele Scheinwerfer und sicher sind die Schiffe.
     
  3. 6. Mai 2009
    AW: Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

    Nicht, dass ich nicht derselben Meinung bin, aber das passt nunmal nicht zu den rechtlichen Vorschriften und ist wohl auch in der Mission selbst verboten worden. Da in unserer Welt das territoriale Strafrecht gilt, müssen die Piraten wohl auch ausgeliefert weden. Da können die Soldaten nicht selbst Strafen verhängen.
    Außerdem muss man ja noch sehen, dass da unten nicht Krieg ist, sondern das Militär lediglich schützen soll.
     
  4. 6. Mai 2009
    AW: Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

    es muss ja nicht gleich das militär als beschützer eingesetzt werden ... also ich denke das es für eine reederei günstiger ist eine sicherheitsfirma zu beauftragen ,die mit drei bis vier bewaffneten wachmänner eine übername verhindern könnten .
     
  5. 6. Mai 2009
    AW: Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

    Als ob das so einfach wäre.
    Nur zu deiner Info die Piraten haben es schonmal geschafft einen russischen Militärfrachter zu kapern. Dort waren russische Panzer und Helikopter geladen gewesen.....du kannst davon ausgehen das der ziemlich gut bewacht und bewaffnet war.


    MFG Painkiller47
     
  6. 7. Mai 2009
    AW: Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

    wird aber in dem text deutlich, dass nur die wenigsten Schiffe gekapert werden und es handelt sich hier um Hunderte, nicht um wenige. Ausserdem was sollen Soldaten oder eine Sicherheitsfirma auf einem Schiff machen, wenn paar Piratenschiffe mit einer Attacke aus der Distanz drohen? Da gibt man lieber auf.

    @enteka: Dann kann man ja immer noch das Schiff beschlagnahmen. Ich meine, die Verbrecher sind davon abhängig, dass sie ein Schiff haben und das kann man nicht so mal nebenbei kaufen und ausserdem sind das arme Menschen.
     
  7. 7. Mai 2009
    AW: Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

    Man muss Wohl oder Übel wieder ein stabiles politisches System in Somalia einführen. Klar ist es schwer, aber nur so kann man das Piratenproblem bewältigen. Schiffe versenken etc. ist denke ich nur ein kleiner Tropfe auf den heißen Stein. Die Schiffe mit denen die angreifen können sie wohl eben bauen, kaufen, klauen, andere Leute dafür erpressen. Die Piraten bekommen ja Millionen an Geld für die Erpressung mit den Schiffen. Deswegen denke ich, dass sie da auch genug Nachschub bekommen - sei es an Schiffen oder Waffen.
    Wenn man wirklich etwas dagegen tun will, muss man an die Wurzel, und das ist nunmal die Anarchie in Somalia. Nichts anderes!
     
  8. 7. Mai 2009
    AW: Mission Atalanta: "Militärische Mittel lösen das Piraten-Problem nicht"

    Das Problem mit den bewaffenten Sicherheitsleuten auf Schiffen ist das internationale Seerecht und die Landebedingungen vieler Häfen.
    Denn dort dürfen zivile, jedoch bewaffnete Schiffe nicht ankern und können so auch nicht ihre Ladung löschen.
    Die einzige Lösung um langfristig das Problem los zu werden scheint mir auch die komplette Stabilisierung Somalias zu sein.

    Silberhand
     
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