Reform der G 8 - Wer regiert die Welt?

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von graci, 17. Oktober 2009 .

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  1. 17. Oktober 2009
    Die G-8-Staaten verlieren an Einfluss, die Schwellenländer fordern mehr Macht. Wenn Europa seine Rolle behalten will, muss es Verantwortung übernehmen. Von Paul Collier

    Die tektonischen Platten der globalen Wirtschaft beginnen sich zu verschieben. In Pittsburgh wurde angekündigt, die G 8 werde fortan durch die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer ersetzt. Gerade war ich in Istanbul auf dem jährlichen Treffen des internationalen Währungsfonds. Stanley Fischer, Chef der Israelischen Zentralbank, machte dort einen wichtigen Vorschlag: Die G 20 sollte den neuen Verwaltungsrat des Internationalen Währungsfonds bilden. So könnte die G 20 ihre operative Wirkkraft steigern, an der es ihr noch immer mangelt, und das bestehende Problem lösen, das Kontrollsystem des Währungsfonds zu reformieren.

    Die Entwicklung von G 8 zu G 20 und der Verlust von Sitzen in den Kommissionen der internationalen Institutionen sind in Europa mit Ängsten verbunden. Der Einfluss des alten Kontinents sinkt. Jedoch, je schneller sich die weltweit agierenden Institutionen des 20. Jahrhunderts an die Machtverhältnisse des 21. Jahrhunderts angleichen, umso schneller werden wir davon profitieren.

    Denn die großen Probleme betreffen alle Staaten, werden bislang aber wie zum Beispiel die Klimaveränderung nicht global bekämpft. Die G8 ist zur Lösung von Problemen, die eigentlich 194 souveräne Staaten angehen, schlecht aufgestellt. Noch immer ist die Versuchung für manche Regierung groß, als Trittbrettfahrer ohne eigenes Zutun von der Leistung anderer Ländern zu profitieren. Die großen Staaten müssen als Hirten des 21. Jahrhunderts agieren und versuchen, so viele Länder wie möglich zusammenzutreiben. Als Kollektiv können dann auch kleine Staaten eine wesentliche Rolle im Lösungsprozess für globale Probleme übernehmen.

    Fünf dieser Hirten könnte es aufgrund ihrer Größe bereits geben. Vier der fünf Mitglieder des neuen Klubs sind offensichtlich: Die USA, China, Indien und Japan. Den fünften Platz könnte die Europäische Union einnehmen. Aber nur, wenn es der EU gelingt, ihre Mitgliedsstaaten ausreichend zu disziplinieren. Europa wird ein ernstzunehmender Teilnehmer in den Entscheidungsprozessen der Welt bleiben, wenn seine Mitgliedsländer nicht zu Trittbrettfahrern werden und Verantwortung übernehmen. Gelingt das nicht, wird Europa weiter in der G 20 überrepräsentiert sein – doch das wäre eine Illusion. Die Erweiterung von G 8 zu G 20 ist Augenwischerei, denn es gibt keine 20 gleichwertigen Entscheidungsträger.

    Zwar war es von zentraler Bedeutung, die G 8 zu erweitern, doch in erster Linie ging es darum, China und Indien mehr Rechte am Verhandlungstisch einzuräumen, um zumindest den Anschein von globaler Repräsentanz zu erwecken. Die G 5 wird zunehmend merken, dass sie einem allgemeinen Problem gegenübersteht: Wie lässt sich eine Kooperation vieler verschiedener Mitgliedsstaaten erzeugen, die im Grunde nur darauf aus sind, von den G-5-Staaten günstig mitgenommen zu werden.

    Wenn die anderen vier Mitgliedsstaaten der G 5 merken, dass Europa nicht als Einheit agiert, werden die EU-Länder fortschreitend degradiert. Sie werden dann eine dekorative Rolle bekommen, die auch die kleineren Staaten der G 20 spielen. Die europäischen Länder werden von anderen zum Wohle der Welt zusammengetrieben, die Hirten sind dann die anderen. Entwickelt sich Europa vom Hirten zu vielen Schafen, werden viele globale Probleme künftig nahezu unlösbar sein. Selbst mit einheitlicher Stimme werden sich die G 5 darauf besinnen müssen, die Welt so zusammenzutreiben, dass es der Allgemeinheit zu Gute kommt.

    Die G 5 wird nicht repräsentativ für die Welt sein, aber sie wird um einiges repräsentativer sein als die G 8. Denn es ist in der Tat so, dass die einzigen Punkte in denen Indien, China, Japan, die USA und Europa übereinstimmen und in denen die G 5 handlungsfähig wäre, die sind, von denen die ganze Welt profitieren würde. Die Geopolitik des 20. Jahrhunderts ist vorüber. Die entscheidende Trennung besteht zwischen den Staaten, die hoffen auf dem Weg zur Lösung der globalen Probleme auf den Zug aufspringen zu können und den wenigen Giganten.

    Unter dem gewohnten Deckmantel der Großzügigkeit wird die wahre Aufgabe der G 5 sein, einen Weg zu finden, wie man die anderen Länder zur Einhaltung der globalen Lösungen anhalten kann. Die Methoden der Giganten werden von finanziellen Belohnungen über Schmeicheleien und Ängstigungen bis hin zu Strafen reichen. Die G 5 wird wahrscheinlich keine Verbündeten gewinnen, die aus politischen Gründen kooperieren, obwohl es niemand von ihr erwartet hätte. Aber sie werden die strukturelle Pflicht zusammenarbeiten zu müssen erkennen. Europäische Anfeindungen gegen Amerika, Ängste gegenüber China, Indiens Neid gegenüber China, all das wird bald Geschichte sein. Wir werden alle auf derselben Seite stehen.

    Ein Beitrag aus dem Social Europe Journal.

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    die EU sollte wohl ein bisschen schneller politisch zusammenwachsen...
     
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