Nietzsche Aphorismen/Zitate Zusammenhang?

Dieses Thema im Forum "Literatur & Kunst" wurde erstellt von Excelsior, 5. Dezember 2009 .

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  1. 5. Dezember 2009
    Guten Abend!

    Kann mir vlt jmd. helfen diese beiden Zitate Nietzsches in einen Zusammenhang zu bringen?

    "Feinde der Wahrheit. — Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit, als Lügen."
    (Friedrich Nietzsche, "Menschliches, Allzumenschliches I"-IX. Der Mensch mit sich allein, 483)

    und

    "Aus den Leidenschaften wachsen die Meinungen; die Trägheit des Geistes lässt diese zu Überzeugungen erstarren."
    (Friedrich Nietzsche, "Menschliches, Allzumenschliches I"-IX. Der Mensch mit sich allein, 637)

    Zu letzterem gehört eigtl noch viel mehr. Bei Nietzsche steht da noch ne ganze Menge mehr, unter 637. Bekomman hab ich offiziell nur dieses Zitat oben, aber ich denke um es zu verstehen sollte man den ganzen Text kennen. (Den vollständigen Text zu 637 findet ihr hier: http://www.textlog.de/22224.html)


    Ich bin für jeden Vorschlag eines Zusammenhangs dankbar. Bewertungen gibts natürlich auch

    Gruß

    Excelsior
     
  2. 6. Dezember 2009
    AW: Nietzsche Aphorismen/Zitate Zusammenhang?

    Das erste Zitat stellt die Lüger der Überzeugung gegenüber.
    Überzeugungen seien deswegen gefährlicher, da sie quasi das Fundament einer gewissen Ideologie bilden und schwer einzureißen sind. Jeder hat bestimmt schonmal versucht einen anderen Mitmenschen von einer anderen Sache zu überzeugen und weiß wie intensiv man dabei vorgehen muss (hier nur als Beispiel zu sehn, da eine Überzeugung von einer Überzeugung keine Wahrheit ist).
    Lügen dagegen definiere ich hier als wiederlegbare Einzelaktion. Man muss diese nur einmal einer entsprechenden Gegenaktion aussetzen um die Lüge zu sehen.

    Beim zweiten Nietzschezitat wird die Entstehung einer Überzeugung durch die Trägheit des Geistes erklärt. Die lodernde Leidenschaft, die wie Ying und Yang zu einem kühlen Geist wirkt, verursacht diese Trägheit und eben diese Trägheit sorgt dafür, dass wir Meinungen, die wir z.b. durch eigene Erfahrung oder Kommunikation untereinander erworben haben, auf uns unbekannte Situationen projezieren ohne vorher differenziert von Einzelsituation zu Einzelsituation zu beurteilen.
    Die Trägheit des Geistes definiert sich hier als vorschnelles Aburteilen, Nichverwendung des eigenen Verstandes, Verwendung einer Denkschablone.
     
  3. 6. Dezember 2009
    AW: Nietzsche Aphorismen/Zitate Zusammenhang?

    LieberLeo, dein Schreibstil erinnert mich irgendwie an Kant diese ewigen Verschachtelungen^^
    Deine Lösung ist echt ein genialer Denkanstoß!
    Vielen Dank!
     
  4. 9. Dezember 2009
    AW: Nietzsche Aphorismen/Zitate Zusammenhang?

    Hallo,

    ich weiß ja nicht, ob die Anfrage noch aktuell ist, aber interessant ist sie!:]

    Ich habe den verlinkten Textausschnitt gelesen und denke mir, dass Nietzsche hier ganz eindeutig als Pessimist gelesen werden muss (wie so oft^^).
    Mit "Feuer" meint er denke ich so etwas wie die Leidenschaft, während er mit "Geist" wohl eher die Vernunft- und Verstandesebene anspricht. Von beidem werden wir getrieben. Die Leidenschaft führt oft zu ungerechtem Handeln, die Vernunft hilft aber, diese ungezügelte Komponente zu drosseln... und jetzt wird's pessimistisch : Der Verstand lässt uns Meinungen bilden und Meinungen ändern - ein Verrat an allen Dingen!- Da hilft auch nicht die Gerechtigkeit; manchmal Deckmantel und manchmal Ablassaltar.
    Zwischen dem Feuer (Leidenschaft) und dem Geist (Verstand, Vernunft) findet der Übergang von Leidenschaften zu Meinungen statt (s. Zitat). Diese Meinungen können dann zu Überzeugungen werden; den schlimmsten Feinden der Wahrheit!
    Der Pessimismus Nietzsches besteht an dieser Stelle also darin, dass er wenig positives in dem Verstand sieht, der die Leidenschaft zügeln kann. Ist dieser Schritt einmal vollzogen, ist der Denkende ein Schneeballen, das heißt er kann zwar Meinungen wechseln und sich eine gewisse Variabilität erhalten, jedoch befindet man sich (vielleicht unumkehrlich) auf dem Weg zu Überzeugungen...

    Ich habe beim Lesen des Zitats fast den Eindruck, dass Nietzsche die Leidenschaft eher mag als den Verstand - wobei die menschliche Leidenschaft ohnehin verloren ist, denn sie bückt sich stets vor der Gerechtigkeit, und ist ihr ausgesetzt.

    Noch als Denkanstoß: Ich glaube dass man von einer ganzen Bildungstheorie sprechen kann, die sich in dem Textabschnitt und wahrscheinlich komplettiert durch andere Ausschnitte herauslesen lässt. Aber das nur am Rande, und wie alles Andere nur Interpretation...

    Grüße,
    Logos
     
  5. 9. Dezember 2009
    AW: Nietzsche Aphorismen/Zitate Zusammenhang?

    Ja die Anfrage ist denke mal immer aktuell Nietzsche und andere "Philosophen" sind doch schließlich zeitlos, oder nicht?

    Das ist auch der Grund warum der Thread noch offen ist. Hier kann jeder noch dazu ergänzen, und vlt kommen Leute so auch mal auf den Gedanken, drüber nachzudenken.

    Grüße
    Excelsior
     
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