Kreative Küche im Weltraum

Sotman · 3. September 2006

Das perfekte Dinner
Die Astronauten auf der ISS essen heute besser als je zuvor.
Ein vegetarischer Drink aus der Tube, klinisch-präzise gefertigte Pseudo-Sandwiches, undefinierbare, synthetische Essenspaste, die per Knopfdruck aus einem industriellen Gerät kommt: So stellt sich die Öffentlichkeit bis heute die Nahrungsaufnahme im Weltraum vor.

Seit Stanley Kubricks Film "2001: Odyssee im Weltraum" gilt das "Astronautenessen" als steril und jeder Sinnlichkeit beraubt. Dabei entnahm Kubrick seine Ideen nicht fernen Science-Fiction-Fantasien, sondern dem gerade aktuellen NASA-Raumfahrtprogramm der 60er - und seither hat sich viel getan. Seit kurzem werden Astronauten sogar mit eigens komponierten Köstlichkeiten eines Fernsehkochs verwöhnt.

"Haben Ethno-Küche eingeführt"
Noch nie seit Beginn der Eroberung des Weltalls hätten Astronauten so gut gegessen wie jetzt auf der Internationalen Weltraumstation (ISS), erklärte NASA-Nahrungsexpertin Vickie Kloeris jüngst der "New York Times" ("NYT").

"Wir haben viel mehr Abwechslung. Es sind immer eine gewisse Anzahl von Hausmannskost-Typen (unter den Astronauten), aber wir haben inzwischen mehr Ethno-Küche eingeführt."

Bisher wurde das ISS-Essen von Russland und den USA geliefert. Ab Herbst beteiligt sich erstmals auch die EU: Ein französischer Gourmetkoch arbeitet derzeit an neuen abgepackten Mahlzeiten.

Brösel sind verboten
Die Köche können den Astronauten aber nicht einfach nach Gutdünken Speisen kredenzen. Praktische und technische Überlegungen spielen bei der Weltraumküche eine große Rolle. Streng verboten sind etwa Speisen, die Brösel verursachen könnten, denn diese wären in der Schwerelosigkeit ganz besonders schwer "einzufangen".

Als Brotersatz fungieren daher zum Beispiel Tortillas, in die man verschiedene Beläge einfach und brösellos einwickeln kann.

Keine Irritationen
Angenehmes, wohlschmeckendes und abwechslungsreiches Essen gehört zur Grundvoraussetzung eines funktionierenden Alltags im Weltall.

"Die kleinste Irritation kann riesige Proportionen annehmen, wenn es eine Irritation ist, die drei Mal täglich, sieben Mal die Woche und über mehrere Monate hinweg auftritt", erklärte der US-Astronaut William S. McArthur, der im April nach 190 Tagen auf der ISS auf die Erde zurückkehrte, in der "NYT".

Scharf macht lustig
Viel Schärfe, viele Gewürze: Das ist einer der beliebtesten Küchentricks in den NASA-Nahrungslabors. Damit will man dem eingeschränkten Geruchssinn im Weltall entgegenwirken, der sich aus der ständig recycelten Luft und aus durch die Schwerelosigkeit verstopften Nasengängen ergibt.

Purer Tabasco und echter Knoblauch seien unter diesen Umständen ein kulinarischer Höchstgenuss, so McArthur. Salz und Pfeffer sind in der Weltraum-Version flüssig, weil - wie bei Brotkrümeln - kleine Körner das technische Equipment beschädigen könnten.

Andere Regeln
Nach der letzten Nachschublieferung durch die "Discovery" durften sich die Astronauten über ein exklusives Menü des Fernseh-Starkochs Emeril Lagasse freuen.

Der aus New Orleans stammende Küchenchef, der mit einer Sendung im Kulinarik-Sender Food Network bekannt wurde, arbeitete monatelang an den Rezepten - denn in der NASA-Testküche gelten ganz andere Regeln als in einem Gourmetrestaurant.

Bei seinem Fruchtdessert musste Lagasse auf die geplanten Streusel verzichten, und statt echten Rums griff er auf Rumextrakt zurück, weil auf der ISS strenges Alkoholverbot herrscht.

Knackige Bohnenschoten
Daneben servierte der Starkoch Reispudding, Kartoffelpüree mit Speck und traditionelles Mardi-Gras-Jambalaya.

Längerfristig werde die NASA aber höchstens eines der Gerichte in ihr Nahrungsmittelprogramm aufnehmen, erklärte Kloeris in der "NYT": Bei Lagasses Bohnenschoten mit Knoblauch sei "eine gewisse Knackigkeit" erhalten geblieben - keine Selbstverständlichkeit beim Weltraumessen. Geliefert werden die Gerichte gefriergetrocknet und in handlichen Plastiksackerln verpackt.

Neue Gourmet-Philosophie
Wirklich gut essen können NASA-Astronauten erst seit Ende der 90er. Zuvor, im Zeitalter der Shuttle-Missionen, setzte die US-Raumfahrtbehörde aus Kostengründen auf Supermarkt-Fertignahrung, die auf der Erde zubereitet und neu verpackt wurde.

Erst die mehrmonatigen Aufenthalte auf der Raumstation machten ein Umdenken in Sachen Nahrung nötig, vor allem aus psychologischen Gründen - und weil es auf der ISS weder Kühlschrank noch Tiefkühler gibt.

Jetzt kommen die Mars-Mahlzeiten
Zu den großen Herausforderungen für die Zukunft gehört, wie man Nahrung für geplante Mars-Expeditionen zubereitet und verpackt. Weil in diesem Fall die Ressourcen sechs Monate vor den Astronauten selbst ins All geschossen werden, müssen die Mahlzeiten fünf Jahre haltbar sein.

Klicke in dieses Feld, um es in vollständiger Größe anzuzeigen.

QUELLE

Anzeige

Nützliche Suchen

Kreative Küche im Weltraum

Videos zum Themenbereich