Chinas Wirtschaft - Das Erfolgsmodell braucht eine neue Basis

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von graci, 4. Februar 2010 .

  1. 4. Februar 2010
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15. April 2017
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    China wächst, doch in der Bevölkerung kommt der neue Wohlstand kaum an. Die Regierung nehme die Probleme nicht ernst, klagen Ökonomen. Von Kristin Kupfer, Peking
    Von Kristin Kupfer
    3.2.2010 - 16:48 Uhr

    © AFP/Getty Images
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    Eine Frau auf dem Balkon ihres Hauses in Hefei (Archivbild). Ihr Viertel soll Luxusappartements und Wolkenkratzern weichen

    Erstmals war der meistbeachtete Redner auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2010 ein Chinese: Li Keqiang, stellvertretender Ministerpräsident Chinas und Kandidat für höchste Führungsaufgaben innerhalb der Kommunistischen Partei. Als solcher war er auf dem Forum der gefragte Vertreter jenes Landes, das die globale Wirtschaft derzeit am stärksten antreibt. Besonders aufregend war seine Rede zwar nicht. Li erging sich in gefälligen Floskeln über den "Frühling wirtschaftlicher Erholung", die "Stärkung der globalen Regierungsführung" und dem nötigen "Zusammenhalt" der Welt in der Krise. Doch die Versammelten hörten zu und nickten beifällig. Sie wissen, dass ohne die Volksrepublik in der Weltwirtschaft nichts mehr geht.

    Während die westliche Welt noch mit den Folgen der Krise kämpft, wuchs Chinas Wirtschaft im letzten Quartal 2009 wieder zweistellig: um 10,7 Prozent, so stark wie zuletzt vor zwei Jahren. Das macht die vergleichsweise mageren 6,1 Prozent im ersten Quartal 2009 vergessen. Das Land ist wieder auf Wachstumswunderkurs. Ein Superlativ jagt das andere: China löst Deutschland als Exportweltmeister ab – die Volksrepublik hat sich im letzten Jahr zum größten Automobilmarkt vor den USA entwickelt – China verdrängt in diesem Jahr vermutlich Japan als zweitgrößte Wirtschaft der Welt.

    Der wirtschaftliche Erfolg bringt politischen Einfluss. China hält US-Staatsanleihen im Wert von rund 2,4 Billionen Dollar und ist damit der größte Gläubiger Amerikas. Pekings Meinung hat in Washington Gewicht.

    Wie macht China das? "Es ist egal, ob es die Katze schwarz oder weiß ist. Solange sie Mäuse fängt, ist sie eine gute Katze", sagte Deng Xiaoping im Jahre 1978. Sein Ausspruch war die Grundlage dessen, was der amerikanische Ökonom Jeffrey Sachs eine "welthistorisch einzigartige Erfolgsgeschichte" nennt. Westliche Wissenschaftler nennen es auch das "China-Modell": keine freie Marktwirtschaft, aber auch von der reinen Lehre einer kommunistischen Planwirtschaft weit entfernt; unideologisch in der Wahl seiner Mittel, experimentierfreudig und effizient in der Entscheidung. Ein Erfolgsrezept auch für den Westen?

    "Demokratische Systeme müssen größere Herausforderungen bewältigen, weil sie jeden Tag unter öffentlichem Druck stehen und sie sich immer wieder Wahlen stellen müssen", sagt Victor Chu, Vorsitzender der First Eastern Investment Group in Hongkong, der größten Direktinvestitionsfirma in China. "China hat Glück: Das Land kann langfristige strategische Entscheidungen treffen und diese nüchtern umsetzen." So wie zum Beispiel durch das gigantische 460-Milliarden-Euro-Konjunkturpaket, das Peking im vergangenen März beschloss. Es half China, erfolgreich der Krise zu trotzen, und stützte zugleich die Weltwirtschaft, die ohne das chinesische Wachstum noch tiefer eingebrochen wäre.

    Dennoch: "Das international selbstbewusste Auftreten Chinas ist eine Show", sagt Li Datong, der ehemalige Herausgeber der parteinahen Zeitung China Youth Daily. "Die Regierung weiß längst, dass ihr viele Entwicklungen außer Kontrolle geraten sind." Auch Vize-Ministerpräsident Li Keqiang kennt die Probleme. In Davos sprach er deutlich Chinas kommende Herausforderung an: der Binnenkonsum müsste dringend gestärkt werden. Offiziellen Angaben zufolge ging er 2009 um 0,7 Prozent zurück. Zum Wirtschaftswachstum trägt er im Vergleich zum Export und den Staatsausgaben eher wenig bei.

    Das 450-Milliarden-Euro-Konjunkturpaket und weitere 950 Milliarden Euro Kredite, wichtige Treiber der chinesischen Wirtschaft, nützen privaten Unternehmen kaum. Nur ein geringer Teil der Darlehen ging direkt an kleine und mittelständische Unternehmen. Viele private Firmen sind bereits pleite gegangen, besagt eine Studie der staatlichen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS).

    Der große Batzen der staatlichen Subventionen floss als spekulatives Kapital in den Immobiliensektor. Allein in der Hauptstadt Peking sind die Immobilienpreise in den ersten sechs Monaten des Jahres 2009 um 30 Prozent gestiegen. Im Dezember 2009 vermeldete China einen Anstieg der landesweiten Preise von 7,8, Prozent, das schnellste Wachstum in 18 Monaten. Aufgrund der hohen Liquidität rechnen Experten für 2010 mit einer Inflation von bis zu fünf Prozent.

    Zhang Zongjun, Ökonom am chinesischen Zentrum für internationalen Wirtschaftsaustausch, fürchtet, dass die Staatsgelder in Zukunft ihre Kraft verlieren, Chinas Wirtschaft voranzutreiben. Deshalb müsse der Binnenkonsum gestärkt werden. "Die Ausweitung der Binnennachfrage wäre sehr wichtig für die Qualität des Wirtschaftswachstums", sagt auch Li Xunlei, Chef-Ökonom bei der Investmentbank Guotai Junan. Denn die chinesische Industrie leide unter Überkapazitäten, die sich in Zukunft noch vergrößern könnten. Private Investitionen und privater Konsum erholten sich bislang aber nicht schnell genug, um Chinas Fabriken und Arbeiter auszulasten.

    Hinzu kommt: Die Basis für Chinas Exporterfolge schwindet. "Jetzt haben wir einen komparativen Vorteil an billigen Arbeitskräften, aber die zukünftige Wirtschaftsentwicklung hängt von Technologie ab", sagt Pan Xiangdong, Chefökonom bei Everbright Securities. "Wird China dann immer noch einen komparativen Vorteil haben?" Die arbeitende Bevölkerung Chinas werde von 2015 bis 2020 weniger schnell wachsen als bisher, errechneten Wissenschaftler auf Basis von Projektionen der UN.

    Die kommunistische Führung müsste dringend handeln. Doch sie nehme ihre Aufgabe, die Wirtschaft grundlegend umzubauen, überhaupt nicht ernst, kritisieren viele chinesische Ökonomen. "Manche ergehen sich im falschen Glauben, dass China weiterhin so viel Glück haben wird wie in der Vergangenheit", sagt Cao Honghui, Direktor des Büros für Finanzmarktforschung an der staatlichen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS), "und dass die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung alle zukünftigen Probleme lösen wird, etwa das der industriellen Überkapazität."

    In einem Artikel für die chinesische Wochenzeitung Economic Observer listen Cao und Ökonomen der Bank of China sowie der staatlichen Entwicklungs- und Planungskommission minutiös die Schwachstellen der chinesischen Wirtschaft auf. Ihr Hauptkritikpunkt: Immer noch sei das Wachstum größtenteils staatsgemacht, schreiben sie.

    Auch aus Sicht des Publizisten Li Datong ist die Annahme, dass China zum Modell für andere tauge, eine Illusion. "Die sogenannte Vorteile sind niedrige Standards in puncto Menschenrechte und sozialer Sicherung", sagt Li. Die Fähigkeit der chinesischen Führung, Probleme zu lösen, basiere weniger auf administrativen Fähigkeiten denn auf der Durchsetzung ihrer Macht mithilfe von Geld und Gewalt.

    Li verweist auf die laufende Kampagne des lokalen Parteisekretärs Bo Xilai gegen sogenannte "schwarze Kräfte" (korrupte Kader) in Chinas westlicher Metropole Chongqing. Nach langem Zögern hat Peking nun landesweit den "schwarzen Kräften" den Kampf angesagt. Das Ausmaß der Korruption in Chongqing – fast der komplette Justiz- und Sicherheitsapparat wurde verhaftet – werfen kein gutes Licht auf die Legitimation der chinesischen Führung.

    In der Bevölkerung gärt es: Die Zahl der Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Arbeitern, Besitzern von abgerissenen Häusern oder durch lokale Budgetverschwendung frustrierte Bürger hat in der jüngeren Vergangenheit beständig zugenommen. Rund 120.000 solcher "Massenzwischenfälle", wie sie offiziell genannt werden, zählte Peking schon 2008 offiziell.
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    Ich war noch nie so ein grosser Fan von China: Ist ja letztendlich eine Diktatur und so was als Vorbild zu nehmen? Bei den ersten Absätzen musste ich kotzen, so ein scheiss staat, der mir sogar vorschreibt, welche Seiten ich im Internet sehen darf und welche nicht, hau ab. Ich denke es ist auch von unserem Interesse, wenn es China schlecht geht: die Preise für Rohstoffe und Energie wären niedriger, auch und USA gleich dazu, geht alle pleite, ausser uns
    DAs Foto ist mal ausnahmsweise schön.
     
  2. 4. Februar 2010
    AW: Chinas Wirtschaft - Das Erfolgsmodell braucht eine neue Basis

    china ist mit sicherheit kein vorbild!

    aber china ist unsere zukunft. das china so stark im kommen ist liegt nicht an ihrem politischen und wirtschaftlichen system sondern schlicht an den demographischen und geographischen/geologischen gegebenhalten. in china würde vieles viel einfacher sein, wenn die ihr total verkorkstes system mal ändern würden, sie wären international angesehener, und wirtschaftlich noch viel weiter vorne. auf dauer wird das was die da betreiben ohnehin nicht gutgehen wenn so eine riesen mengen an menschen so massiv unterdrückt werden
     
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