Iran / China - Der letzte Freund

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von graci, 1. März 2010 .

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  1. 1. März 2010
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15. April 2017
    Ausland

    Iran und die Bombe: Allein China schützt das Land noch vor Sanktionen. Teheran weiß diese Chance zu nutzen
    Von Frank Sieren
    28.2.2010 - 19:09 Uhr

    © Atta Kenare/AFP/Getty Images
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    Der Staatspräsident Irans und sein eigentlicher Chef: Machmud Achmadineschad (l.) und Ajatollah Chamenei, der im Staat das letzte Wort hat

    Am Anfang der Beziehungen zwischen Chinas Kommunisten und den iranischen Mullahs stand ein Eklat. Der damalige chinesische Staatspräsident Hua Guofeng war einer der letzten ausländischen Staatsgäste, die den persischen Schah 1978 vor seinem Sturz besuchten. Als 1979 dann Ajatollah Chomeini die Macht übernahm, musste Hua einen Entschuldigungsbrief schreiben, um mit den Mullahs ins Geschäft zu kommen: »Ich entschuldige mich bei Imam Chomeini für meinen Besuch Irans unter dem Regime des entmachteten Schahs.« Hua hatte gehofft, dass der persönlich gehaltenen Abbitte eine private Antwort folgen würde. Chomeini hingegen ließ den Brief im iranischen Fernsehen verbreiten – eine Demütigung Chinas.

    Heute könnte sich Iran das nicht mehr erlauben. China ist der einzige politisch einflussreiche Freund, den das Land noch hat. Ein Veto Chinas ist für Iran die einzige Chance, schärfere Sanktionen im UN-Sicherheitsrat noch zu verhindern, seit Russland signalisiert hat, dass es Strafmaßnahmen mittragen würde. Der Westen würde solche Sanktionen am liebsten noch im Februar durchsetzen, solange Frankreich den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat innehat. Danach folgen Gabun und Libyen, was das Vorhaben erschweren könnte. Schärfere Sanktionen aber sind nur denkbar, wenn China im Sicherheitsrat zustimmt – oder sich zumindest der Stimme enthält. Doch bislang hat Peking Sanktionen nur für den Fall erwogen, dass Iran die Gespräche über sein Atomprogramm abbricht. Chinas Unterstützung hat es der iranischen Führung in den vergangenen Jahren möglich gemacht, den Westen mit belanglosen Zugeständnissen in Schach zu halten und in der Zwischenzeit das Atomprogramm weiterzutreiben.

    Peking aber zahlt für die Unterstützung Irans einen Preis. Denn wann immer es für die Mullahs Partei ergreift, wird es dafür vom Westen kritisiert. Warum ist Iran für China so wichtig?

    Die Beziehungen zu Iran sind für China von hoher strategischer Bedeutung. Das boomende Land braucht die iranischen Bodenschätze dringend, um das eigene Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten. Iran ist Chinas drittgrößter Erdöllieferant, die Iraner verfügen über 15 Prozent der Weltgasreserven und 10 Prozent der Weltölreserven.

    Im Gegensatz zum Westen hat China keine Angst vor der Bombe

    Fieberhaft investieren die Chinesen in iranische Öl- und Gasanlagen und sind froh, dass sie dabei praktisch keine internationale Konkurrenz haben, denn der Westen hat sich auf Druck der USA aus dem Geschäft zurückgezogen. Allein im vergangenen Jahr schloss Peking trotz des schwelenden Atomkonfliktes gleich mehrere neue Milliardengeschäfte ab: Es erschließt Gasfelder, baut Raffinerien und eine neue Pipeline. Hinzu kommt: Trotz der reichen iranischen Bodenschätze liefert China 40.000 Fass Diesel pro Tag in den Iran. Denn die Iraner haben bislang zu wenige Raffinerien, um sich selbst zu versorgen.

    Insgesamt, so westliche Schätzungen, hat Peking bereits über 120 Milliarden US-Dollar in Iran investiert. Das Handelsvolumen beider Länder stieg im vergangenen Jahr auf über 25 Milliarden US-Dollar – von 400 Millionen im Jahr 1994.

    Doch geht es Peking um mehr als Bodenschätze: Die Partner Iran und Pakistan ermöglichen es den Chinesen, ungehindert Güter von der chinesischen Ostgrenze, die bis gut 100 Kilometer an das sibirische Wladiwostok heranreicht, bis zur Türkei transportieren zu können – oder auch Soldaten und Panzer an die Nato-Grenze, wenn Peking dies einmal für nötig halten sollte. Optionen, die China bei aller zur Schau gestellten Friedensliebe nicht gern aufgibt, auch wenn der internationale Ruf darunter leidet.

    Im Gegensatz zum Westen sieht Peking in einer iranischen Atombombe keine unmittelbare Gefahr. Die meisten chinesischen Fachleute gehen nicht davon aus, dass Iran technisch bald in der Lage sein wird, die Bombe zu bauen. Zudem käme ein Schlag gegen Israel, so ihre Einschätzung, einem Selbstmord Irans gleich.

    Was Sanktionen angeht, so hält China von diesem diplomatischen Mittel nicht viel. In der chinesischen Führung erinnert man sich daran, dass die Macht der Hardliner immer dann am größten war, wenn ihr Land isoliert war. So war es, bis Deng Xiaoping 1978 mit seiner Reformpolitik begann. Auch nach der blutigen Niederschlagung der Protestbewegung von 1989 hatten die Hardliner kurzfristig das Sagen. Erst Anfang der neunziger Jahre gewannen die Reformer wieder die Oberhand – nicht zuletzt deshalb, weil der damalige US-Präsident George Bush sich dafür entschied, China nicht zu isolieren.

    Schon einmal hat China zwischen Iran und den USA vermittelt

    Um ihren Spielraum zu vergrößern, betonen chinesische Diplomaten gerne, dass ihre engen Beziehungen zur iranischen Führung auch für den Westen von Nutzen sein könnten. Drohten die Gespräche abzubrechen, seien sie, so die chinesischen Diplomaten, »womöglich die Letzten, auf die die Mullahs noch hören«. Schon einmal hatten die Chinesen vermittelt, 1988, nachdem zwischen den USA und Iran ein Seegefecht ausgebrochen war, das größte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Ausgelöst hatte es ein Feuergefecht zwischen Iranern und amerikanischen Schiffen in der Straße von Hormus.

    Im Westen kann man die chinesische Logik im Atomstreit nicht nachvollziehen. Warum das Risiko einer Eskalation eingehen, wenn man das Problem vielleicht vorher schon lösen kann?

    Inzwischen versuchen die USA, China mithilfe Saudi-Arabiens eine Alternative zum iranischen Öl zu bieten. Wenn die Saudis den Chinesen zusicherten, im Falle von Sanktionen die Öllieferungen Irans an China zu übernehmen, könnte dies China umstimmen, hofft US-Außenministerin Hillary Clinton. Die Hoffnung wird sich kaum erfüllen. Schon jetzt sind die Saudis der größte Öllieferant Chinas vor Angola und Iran. Und Peking riskiert den Ärger um Iran ja vor allem deshalb, weil es nicht von einem Lieferanten abhängig sein möchte.

    Selbst Israel, das am meisten unter der chinesisch-iranischen Allianz leidet, bemüht sich, China so wenig wie möglich zu brüskieren. Schließlich machen beide Länder gute Geschäfte, Israel ist nach Russland der zweitgrößte Waffenlieferant der Chinesen.

    China hat großes Interesse an guten Beziehungen zu Iran – und wenig Interesse an Sanktionen. Einen Grund aber gibt es, der die Chinesen vielleicht doch noch dazu bewegen könnte. Sollte Russland die Strafmaßnahmen am Ende befürworten, droht China sich diplomatisch zu isolieren. Es könnte daher sein, dass es Sanktionen billigt oder sich bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat zumindest enthält. Sehr wahrscheinlich ist das nicht. Und selbst wenn China mitspielen sollte, so wird es alles daransetzen, die Strafmaßnahmen so leicht zu gestalten, wie es nur geht.
    Copyright: DIE ZEIT, 25.02.2010 Nr. 09
    Adresse: Iran/China: Der letzte Freund | ZEIT ONLINE

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    eine top zusammenfassung
     
  2. 1. März 2010
    AW: Iran / China - Der letzte Freund

    Gute zusammenfassung, China verfolgt auf jeden fall die richtige Taktik. Und das Sanktionen gegen den Iran nichts bringen, weiß man spätestens seid den Sanktionen gegen den Irak. Militärisch gesehen wäre das natürlich schon sinnvoll.
     
  3. 1. März 2010
    AW: Iran / China - Der letzte Freund

    Naja, dass es richtig ist auf Menschenrechte zu n negiere ich mal. China ist ja nicht nur in Verbindung mit dem Irak sondern zum großen Teil auch mit afrikanischen Staaten, um an ihr Öl zu kommen. Beispiel Kongo - hier besitzt China einen großen Teil der Ölraffinerien, wovon der Staat nur wenig profitiert, da die Bürger von dem Geld nichts zu sehen bekommen. Die Regierung verweigert es ihnen, weshalb seit Jahren eine Art Bürgerkrieg herrscht. China unterstützt also die Ausbeutung der Kongolesen, nur um Öl fördern zu können und sich von militärisch fähigen Staaten, wie Russland und Iran möglichst autark zu machen.
     
  4. 2. März 2010
    AW: Iran / China - Der letzte Freund

    aha, das macht der Westen nicht anders. nur sehe ich, dass in den populären Medien so eine Sicht dauernd verkauft wird.
     
  5. 2. März 2010
    AW: Iran / China - Der letzte Freund

    Nein, ich habe auch nie behauptet, dass der Westen das anders mache (siehe USA). Es geht mir einfach darum, dass in dem Text eine chinaverherrlichende Meinung geäußert wird, die natürlich ebenso auf die USA und deren "Helferstaaten" angewandt werden kann. Auch Deutschland befindet sich bei diesen, da wir ja auch eine Menge Gas aus Russland bekommen, und das auch nicht unbedingt als der Vorzeigedemokratiestaat angesehen ist, wohl zurecht.

    Fazit: Sowohl China als auch der Westen verfolgen eine inkonsequente Energiepolitik, indem sie den Bürgern zwar die Menschenrechte predigen, sie allerdings in Energiefragen oft außer acht lassen.
     
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