Doping bei den Paralympics.

spotting · 20. März 2010

Doping bei den Paralympics
Man sollte nicht naiv sein

Doping ist im Behindertensport weniger verbreitet als bei den nicht-behinderten Athleten. Doch auch behinderte Sportler haben Tricks, Leistungen illegal zu verbessern.

© Kai-Uwe Wärner, dpa

Doping im Behindertensport, das ist selten Thema. Meist wird über soziale Dinge gesprochen, über Anerkennung und Integration. Peter Van de Vliet dürfte ganz froh darüber sein. Weniger Medienanfragen bedeuten mehr Zeit für seine eigentliche Arbeit. Der 43-jährige Belgier ist seit 2006 zuständig für den Bereich Anti-Doping im Internationalen Paralympischen Komitee (IPC).
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Derzeit residiert die paralympische Familie im Hilton-Hotel zu Whistler, und weil so viele Funktionäre des Behindertensports sonst nie zusammenkommen, werden in diesen Tagen jede Menge Entscheidungen gefällt. So hat auch Van de Vliet genug zu tun. Gut, dass die Doping-Kontrollen für die Paralympics schon seit Monaten vorbereitet sind.

Natürlich steige mit zunehmender Leistungsstärke und Wirtschaftskraft des Behindertensports auch das Risiko des Betrugs, sagt Van de Vliet. "Ich bin ja nicht naiv." Und obwohl in der paralympischen Geschichte vor allem Gewichtheber des Dopings überführt wurden, bei den vergangenen drei Sommerspielen allein 19, seien weitere Fälle nie auszuschließen.

So befolgen die Doping-Jäger der Behindertensportler genau wie ihre olympischen Kollegen den Welt-Anti-Doping-Code, testen auf alle üblichen Substanzen wie EPO oder Wachstumshormone, frieren einige wenige Proben für Nachkontrollen ein und versuchen – wenn auch ganz langsam –, Blutprofile anzulegen.

Ärger macht neben finanziellen Sorgen die mangelnde Integration von Behinderten in ihre nationalen Testprogramme. In Ländern, in denen Behindertensportler überhaupt nicht national getestet werden, muss sich das IPC mit der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) verstärkt selbst um Trainingskontrollen kümmern.

In Vancouver nehmen die Kontrolleure 425 Proben von den 505 Athleten, eine Quote, die der bei Olympischen Spielen sehr ähnlich ist. Bis zum Mittwochabend waren bereits knapp 300 Proben in einer temporären Einrichtung in Richmond (einem Satellitenlabor für die Zeit der Spiele) analysiert. Bisher waren alle Tests negativ.

Das IPC achtet darauf, dass die Kontrolleure bei den Paralympics möglichst schon Erfahrung mit Behinderten mitbringen. Denn für paralympische Kontrollen gelten einige Modifikationen. So dürfen Sportler, welche den Probenbecher nicht selbst halten können, eine Vertrauensperson mit zur Abgabe nehmen. Für Sehbehinderte bereitet auch das Abmeldesystem ADAMS im Internet Probleme. Die WADA hat schon eine blindenfreundliche Version angekündigt.

In Deutschland führte die Nationale-Anti-Doping-Agentur (NADA) im Jahr 2009 insgesamt 276 Trainingskontrollen bei rund 220 behinderten Kadersportlern durch, wie sie auf Nachfrage bekannt gab. Zusätzlich nahm der Deutsche Behindertensportverband (DBS) 84 Wettkampfkontrollen. Bei den 360 Tests sind im vergangenen Jahr laut DBS fünf Athleten mit positiven Kontrollen aufgefallen. Allesamt ältere Herren aus den Sportarten Tischtennis und Sitzball, alle fünf mit dem Wirkstoff Hydrochlorothiazid, der in harntreibenden Diuretika enthalten ist und lediglich als Maskierungsmittel auf der Dopingliste steht.

Wie in diesen Fällen werden positive Fälle im Behindertensport häufig auf Unwissenheit zurückgeführt. Vermutlich nicht ganz zu Unrecht, schließlich ist der Weg im Behindertensport vom Amateur zum Kadersportler in manchen Disziplinen extrem kurz.

Dass sich die Doping-Verfolgung im Behindertensport dem der Nichtbehinderten immer mehr angleicht, kann Mario Thevis bestätigen. Gemeinsam mit drei Kollegen aus Köln und Oslo hat er die Kontrollen an Behinderten von 1984 bis 2008 aufgearbeitet. Das Fazit: Es zeigen sich zahlreiche Parallelen zu nichtbehinderten Sportlern. Anabole Steroide, Diuretika, Kortikoide und Stimulanzen sind bei Behinderten schon gefunden worden.

Auffallend oft werden bei behinderten Sportlern positive Kontrollen allerdings wieder zurückgenommen, weil die Sportler Ausnahmegenehmigungen besitzen. So finden die Dopingfahnder häufig Diuretika oder Beta-Blocker, die bei Querschnittgelähmten medizinisch notwendig sind. Einen Betrug mit unnötig erteilten Ausnahmegenehmigungen hält Mario Thevis für unwahrscheinlicher als bei Nicht-Behinderten, schließlich könne man bei Behinderten in den allermeisten Fällen deutlich erkennen, ob die Behandlung gerechtfertigt sei.

Doch auch wenn Doping bei behinderten Sportlern anscheinend weniger verbreitet zu sein scheint als bei Nichtbehinderten: Jürgen Kosel, Chefarzt des deutschen Verbandes, würde für keinen seiner Athleten die Hand ins Feuer legen. Schließlich gibt es für Behinderte noch andere Möglichkeiten des Betrugs.

So können Querschnittsgelähmte beim sogenannten Boosting einen Adrenalinausstoß provozieren, der fünf bis zehn Prozent Leistungszuwachs bringt. Beispielsweise mit einer übervollen Blase oder bewusst zugefügten Verletzungen in gelähmten Körperteilen. Nachzuweisen ist diese lebensgefährliche Art des Betrugs nicht, weshalb niemand weiß, wie stark sie verbreitet ist.

Konkreter ist das Problem der Klassifizierung. Bei der Einteilung in die verschiedenen Schadensklassen verführt die Möglichkeit, sich behinderter zu machen, als man eigentlich ist. So habe es schon Fälle gegeben, bei denen ein angeblich stark sehbehinderter Athlet nach dem Wettkampf mit dem Auto nach Hause fuhr, erzählt DBS-Arzt Kosel. Mittlerweile seien aber die Regeln verschärft. Dennoch kämen Proteste von Konkurrenten gar nicht mal so selten vor.

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Im Spoiler findet ihr einen Bericht von vom 18. März der das Thema Doping im Behindertensport behandelt.

Und jetzt haben wir tatsächlich einen ersten Dopingfall bei Olympia.

Dummheit statt Betrug
Schwedischer Curler vergisst Ausnahmegenehmigung

Dummheit statt Betrug: Eine vergessene Ausnahmegenehmigung hat offenbar den ersten Dopingfall bei den Winter-Paralympics in Vancouver verursacht. Der schwedische Curler Glenn Ikonen nahm das ihm nachgewiesene blutdruckhemmende Mittel seit Jahren ein.

Aus gesundheitlichen Gründen hatte eine Ausnahmegenehmigung zur Einnahme des Mittels bekommen können, hat diese aber vergessen zu beantragen. So verhinderte er, dass sich das Internationale Paralympische Komitee (IPC) nach Turin zum zweiten Mal in Folge über "dopingfreie" Winterspiele freuen durfte.
Ikonen schockiert

"Ich bin unglaublich traurig und schockiert", sagte der 54 Jahre alte Ikonen: "Ich habe nicht versucht, irgendwen zu betrügen. "Sein Arzt habe ihm das Mittel verschrieben und er habe ihn eigens vor der Abreise nach Schweden noch einmal befragt, ob alle Mittel unbedenklich seien. "Ich habe meinem Arzt vertraut. Ich hätte nie etwas getan, das illegal ist", so Ikonen.

"Leider ist es so, dass nicht alle Hausärzte in Bezug auf die Dopingbestimmungen gut im Bilde sind", sagt der deutsche Chef de Mission Karl Quade. Deshalb setzt der Deutsche Behindertensportverband (DBS) mit Nachdruck auf Aufklärung. "Wir machen den Athleten klar, dass jeder Athlet verpflichtet ist, jedes Medikament anzumelden", sagte Quade: "Auch die nicht rezeptpflichtigen."

Sportler ist verantwortlich

Zur Aufklärung gehört auch, die Athleten über Möglichkeiten und Pflichten von Ausnahmegenehmigungen, so genannten TUEs (Therapy Use Exeptions) hinzuweisen. Wenn diese nötig sind, können sie beim IPC beantragt werden. Ein deutscher Skifahrer beispielsweise hat eine Ausnahmegenehmigung für ein Mittel wegen Belastungsasthma. "Diese muss bei jeder Dopingprobe vorgelegt werden", sagte Hartmut Stinus, der Teamarzt der deutschen Alpin-Athleten: "In unserem Fall ist sie bei 2013 gültig, danach wird in der Regel ein neuer Gesundheitstest durchgeführt."

Sollte dies im Fall von Ikonen wirklich versäumt worden sein, ist es laut Stinus "in erster Linie Sache des Sportlers, der dafür verantwortlich ist. Aber der Verband würde natürlich eine Mitschuld tragen."

Mittel bringt keine Vorteile

Der schwedische Teamarzt wies darauf hin, dass das Mittel beim Curling im Gegensatz zu Sportarten wie Biathlon keinerlei Vorteile bringe. "Wenn es sich um einen Betablocker handelt, kann das schon ein ruhiges Händchen machen", entgegnete Stinus. Und auch Quade erklärte: "Bei einem Sport, wo es nicht auf das Herzvolumen ankommt, kann das schon nützen. Im Schießen zum Beispiel sind diese Mittel ja ausdrücklich verboten."

Derzeit wird über ein Strafmaß gegen Ikonen beraten, zunächst tritt automatisch eine Zweijahres-Sperre in Kraft. Ikonens Mannschaft hat aber keine Konsequenzen zu befürchten, da laut IPC-Regelung erst bei zwei positiv getesteten Spielern eine Bestrafung des Teams erfolgen kann. Im Entscheidungsspiel gegen Italien, in dem die Schweden durch ein 6:5 das Halbfinale erreichten, wurde Ikonen aber schon nicht eingesetzt.

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Was denkt ihr, ist Doping auch im Behindertensport ein ernstzunehmendes Problem oder handelt es sich hier um einen Einzelfall und einen unglücklichen Zufall.

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papamarius · 20. März 2010

AW: Doping bei den Paralympics.

Ich habe davon auch schon gehört bzw. es auch schon gelesen.

Ich denke nicht, daß es ein ernstzunehmendes Problem ist sondern sich eher um einen Einzelfall handelt.

Zuerst dachte ich " Ach die sind ja krank, vielleicht war ein ein Medikament und die wussten gar nicht genau was die nehmen", aber ob unbewußt oder nicht.... schwer zu sagen.

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Winans · 21. März 2010

AW: Doping bei den Paralympics.

Ich glaube keiner von uns kennt sich im behindertensport hinreichend aus, um darüber zu urteilen, ob im behindertensport gedopt wird.

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