Wenn die Politik nicht endlich aus der Krise an der Europeripherie lernt, ist die auc

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von Melcos, 7. Juli 2011 .

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  1. 7. Juli 2011
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 13. April 2017
    Wenn die Politik nicht endlich aus der Krise an der Europeripherie lernt, ist die auch der Anfang vom Ende des Euro

    Informationsportal Globalisierung


    Die Geschichte des Euro ist leider auch eine Geschichte der Lügen, mit denen das Volk mit dem Euro angefreundet werden sollte, besonders das deutsche. Je schlechter die Lage um den Euro umso größer und schriller die Lügen, bis er schließlich von vielen seiner politischen Anhänger zu einer Frage von Krieg und Frieden in Europa hochstilisiert wurde. Kohl schon in einer Rede von 1998: "Nationalismus, das ist Krieg. Dagegen wollen wir Vorkehrungen treffen. Deswegen brauchen wir Europa, deshalb brauchen wir die gemeinsame Währung". Und dann noch schärfer in einer Rede im Mai 2010 anläßlich der Feiern zu seinem 80. Geburtstag: "Ich bin heute mehr denn je überzeugt, daß die europäische Einigung für Europa und für Deutschland eine Frage von Krieg und Frieden ist, und daß der Euro ein Stück Friedensgarant ist." So erklärte dann auch Kanzlerin Merkel, bei der sogenannten Euro-Rettung gehe es "um die Friedensidee Europas".

    Dagegen hatte der liberale Vordenker Ralf Dahrendorf schon im Dezember 1995 eingewandt: "Die Währungsunion ist ein großer Irrtum, ein abenteuerliches, waghalsiges und verfehltes Ziel, das Europa nicht eint, sondern spaltet." Und von ökonomischer Seite der Chef-Ökonom der Bundesbank Otmar Issing schon 1991: "Es gibt kein Beispiel in der Geschichte von einer dauerhaften Währungsunion, das nicht an die Einheit eines Staates gebunden gewesen wäre."

    Doch dann wurde die große Beschwichtigungsmaschine von Lügen gegen das mißtrauische Volk angeworfen - Lügen, die heute geradezu unglaublich klingen:

    Horst Köhler, Finanzstaatssekretär, April 1992: "Es wird nicht so sein, dass der Süden bei den sogenannten reichen Ländern abkassiert. Dann nämlich würde Europa auseinander fallen. Es gibt eine 'no bail out rule'. Das heißt, wenn sich ein Land durch eigenes Verhalten hohe Defizite zulegt, dann ist weder die Gemeinschaft noch ein Mitgliedstaat verpflichtet, diesem Land zu helfen."

    Wolfgang Schäuble, Unionsfraktionschef, Dezember 1996: "Ihr könnt darauf vertrauen, dass der Euro eine stabile Währung sein wird. Das funktioniert."

    Wim Duisenberg, erster EZB-Präsident, Juni 1998: "Es gibt keine Zentralbank der Welt, die von der Politik so unabhängig ist wie die Europäische Zentralbank."

    Ottmar Issing, Chefökonom der Europäischen Zentralbank, Januar 2000: "Der Euro ist eine außerordentlich stabile Währung, stabiler als zum Beispiel die Mark während der meisten Zeit ihrer 50-jährigen Existenz."

    Romano Prodi, EU-Kommissionspräsident, September 2001: "Der Euro beruht auf derselben Art von Stabilität wie die Mark. Dafür haben wir mit dem Stabilitätspakt gesorgt."

    Helmut Kohl, Altbundeskanzler, Dezember 2001: "Dieses Geld wird eine große Zukunft haben!"

    Hans Eichel, damals Bundesfinanzminister, Dezember 2001: "Auf mittlere Sicht erwarte ich, daß die Preise für Autos und Medikamente sinken. Der Euro ist kein Teuro. Er ist genauso hart wie die D-Mark, auch im Verhältnis zum Dollar."

    Hans Tietmeyer, früherer Bundesbankchef, Dezember 2006: "Die EZB würde problematisch handeln, wenn sie auf die Interessen einzelner Länder einginge. Das wäre, wie wenn die Bundesbank früher auf die Situation einzelner Bundesländer geschaut hätte."

    Theo Waigel, früherer Bundesfinanzminister, Januar 2009: "Der Euro ist ein riesiger Erfolg. Wenn wir ihn nicht hätten, stünden wir um vieles schlechter da."

    Jean-Claude Trichet, EZB-Präsident, Januar 2010: "Keine Regierung und kein Staat könnten eine spezielle Behandlung erwarten. Die Notenbank wird ihre Prinzipien nicht ändern, nur weil die Staatsanleihen eines Mitgliedslandes die entsprechenden Kriterien nicht mehr erfüllen."

    Allen diesen und anderen leeren Versprechungen oder frechen Lügen zum Trotz machen derzeit in vielen Völkern Europas Mehrheiten gegen eine Politik der auf dem Euro basierenden Disziplinierung von jenseits der nationalen Grenzen mobil, vor allem wenn sie am deutschen Wesen und an deutschen Interessen genesen sollen. Das ist nicht nur in Griechenland sehr drastisch auf den Straßen und vielen, nicht selten mit Hakenkreuzen geschmückten Plakaten feststellbar. Auch vielen anderen Nachbarn wird mit Deutschland zugleich der Euro unheimlich, weil er die deutsche Disziplinierung qua Wettbewerb und ohne den Schutz durch eine eigene Währung ermöglicht. In Spanien haben die Ermahnungen der Angela Merkel zu mehr Arbeit nach deutschem Vorbild tief eingeschlagen, zumal dort gleichzeitig die Arbeitslosigkeit bittere Rekorde feiert.

    Aber auch in Frankreich wächst das Unbehagen über den globalen Wettbewerb und über Deutschland. In einer repräsentativen IFOP-Umfrage vom Mai 2011 sahen 84 % negative Folgen für den Arbeitsmarkt wegen der Einfuhren aus China und Indien und verlangte ein Drittel, daß die Öffnung der Wirtschaftsgrenzen ein Thema im Präsidentschaftswahlkampf 2012 werden müsse. Das französische Intellektuellenblatt Nouvel Observateur brachte am 29. Juni ein Plädoyer von zwei bekannten Globalisierungskritikern Emmanuel Todd und Jacques Sapir für eine "Ent-Globalisierung" mit scharfen Tönen gegen Deutschlands Wirtschaftshegemonie in der Eurozone. Um die Partner in der Eurozone für mehr Einfuhrschutz zu gewinnen, müsse auch an einseitige französische Maßnahmen gedacht werden und dann wörtlich:

    "Die strategische Drohung wäre der Austritt Frankreichs und das Ende des Euros. Ohne die gemeinsame Währung würde Deutschland die Möglichkeit eines desinflationären Wettbewerbs durch Komprimierung der Löhne gegen die Franzosen, Italiener und Spanier verlieren. Die Frage des Euro ist grundsätzlich die unserer Beziehungen zu Deutschland. Deutschland kann es sich erlauben, die Globalisierung zu akzeptieren, weil es die Eurozone zu seinem Profit ausnützen kann. Aber es wäre Wahnsinn, Deutschland imitieren zu wollen. Wie er funktioniert, ist der Euro der Ausdruck von politischen Unterschieden zwischen unseren zwei Ländern. Er organisiert die Szene für eine symbolische Konfrontation, die die alten Dämonen wieder erwecken kann. Im Zusammenhang mit der Krise, die derzeit in Griechenland, Irland und Portugal und morgen in Spanien tobt, sollten wir vielleicht die Führung übernehmen und aus dem Euro aussteigen, statt unser Schicksal an das Deutschlands zu binden. Jetzt."

    Auch viele Stimmen auf deutscher Seite sehen die Zukunft des Euro nun skeptisch. Hier beispielsweise die Schlußfolgerung des Chef-Ökonomen der Deutschen Bank Thomas Mayer in Deutsche Bank Research vom 1. Juli:

    "Angesichts der unserer Ansicht nach sehr unwahrscheinlichen Entwicklung zu einer politischen Union, würde die beste Option für eine stablile Zukunft der Währungsunion in einer Rückkehr zur ursprünglichen Vereinbarung, dem Maastricht Vertrag, liegen. Ohne politische Führerschaft von Oben muß dieses Ergebnis von Ereignissen am Boden der Gesellschaft getrieben werden (z.B. eine Rebellion von Hinterbänklern im griechischen oder im Berliner Parlament gegen ihre Führer, oder ein Run auf die Banken in Griechenland). Bei dem jüngsten Momentum in der politischen Debatte, würden wir einer solchen Entwicklung über die nächsten 6 bis 12 Monate die größte Wahrscheinlichkeit zuordnen. Alternativ, falls die politischen Eliten die Kontrolle behalten und die fortgesetzte Durchführung ungeigneter Anpassungsprogramme durchsetzten sollten, sehen wir ein signifikantes Risiko eines eventuellen Auseinanderbrechens der Währungsunion."

    Hierzu noch eine sehr gut gemachte vierteilige Sendung des Schweizer Fernsehens SF1 mit einem Rückblick auf die Entstehung der Eurokrise.

    Der Euro am Abgrund - Wie Deutschland und Griechenland die Euro Krise auslösen









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    Sehr interessant was der Chef-Ökonom der Deutschen Bank zu sagen hat. Ein Run auf die Banken in Griechenland ist ja nicht gerade sehr unwahrscheinlich...
     
  2. 7. Juli 2011
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 13. April 2017
    AW: Wenn die Politik nicht endlich aus der Krise an der Europeripherie lernt, ist die auc

    Ich bin hier im Board schon der Übertreibung bezichtigt und als Spinner und VT bezeichnet worden, weil ich es gewagt habe zu behaupten der Euro würde scheitern und die EU auseinanderbrechen.

    Mittlerweile sind die Kritiker mehr oder weniger vollständig verstummt.

    Es gab sogar mal einen User der die folgende Behauptung aufgestellt hat.

    "Der Euro wird bleiben, der Euro ist gut, ein weiteres Instrument der Friedenssicherung."

    Auch, wenn momentan noch keine Entscheidung gefallen ist, so stehen die Anzeichen eindeutig auf Sturm.


    Ich möchte auf das Thema bezogen die folgende "Dokumentation" empfehlen, die absolut sehenswert ist. Dauer ca. 1h15min


     
  3. Video Script

    Videos zum Themenbereich

    * gefundene Videos auf YouTube, anhand der Überschrift.