Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

Dieses Thema im Forum "Politik, Umwelt, Gesellschaft" wurde erstellt von n0b0dy, 2. November 2014 .

  1. 2. November 2014
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15. April 2017
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    Enstanden aus den Protestbewegungen, inspiriert durch SYRIZA und die Erfolge der Linken in Lateinamerika und geführt von einem jungen Uni Prof. An den Abstimmungen über die Organisationsstruktur haben online zehntausende teilgenommen. Da könnten sich die Piraten mal ein Beispiel nehmen.
    Ich hab schon lange darauf gewartet, dass in Spanien sowas passiert. Eine SYRIZA-Regierung in Griechenland könnte wegen der geringen wirtschaftlichen Bedeutung des Landes wohl nicht viel ausrichten in Europa. Da wäre eine Podemos geführte Regierung in Spanien die perfekte Ergänzung (47 mio Einwohner, BIP von über 1 Billion)
    Bei diesem Bericht bekommt man einen ersten Einblick:
     
  2. 2. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Naja mal sehen.
    Ich kauf das erst, wenn sich zeigt, dass die auch halten, was sie versprechen.
    Auf jeden Fall ein neues Schreckgespenst für die EU.
    Wenn man bedenkt, dass die bevorstehende mögliche Ernennung eines Politikers der Linken zum Ministerpräsident in Thüringen schon solche Wellen in Dtl. schlägt, wird einem bewusst, wie unterschiedlich doch die Geister in Europa sind.
     
  3. 3. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Im Fall Thüringen ist es ja primär das konservative Establishment, das aufgeschreckt ist. Bei der herrschenden Klasse schlägt das in Spanien auch Wellen. Das zeigt sich dann in so amüsanten Vorwürfen wie sie würden von Venezuela bezahlt und Vergleichen von Pablo Iglesias mit Fidel Castro bis Hitler.

    Klar müssen sie sich erst beweisen, aber große Sorgen hab ich eigentlich nicht. Linksradikal und basisdemokratisch, da kann nicht viel schief gehen. Da machts nix, dass das Programm bisher nur rudimentär ist. Es unterscheidet sich ohnehin nur marginal von dem der Vereinigten Linken (IU). Die umfassende Basisdemokratie dank den Wurzeln in der Protestbewegung ist wohl der größte Unterschied und eine gute Voraussetzung dafür, dass die Führung sich nicht verselbstständigt. Bei der traditionalistischen, hierarchischen IU wäre ich mir da nicht so sicher. Es gab selbst dort auf kommunaler Ebene ein paar Korruptionsfälle.

    Einige ökonomische Ziele von Podemos:
    - Öffentliche Schuldenaudits, um illegitime Schulden zu streichen (etwa wegen Bankenrettungen).
    - Mindestgehalt & Maximalgehalt
    - Vergesellschaftung von strategischen Sektoren (Bildung, Energie, Nahrungsmittel, Telekommunikation, Transport, Gesundheit, Pharmaindustrie ...)
    - Aufbau von Wirtschaftsdemokratie und Arbeiterkontrolle
    - Umfassende steuerliche Umverteilung von oben nach unten
    und als Sofortmaßnahmen u.a.:
    - Abkehr von der Austeritätspolitik
    - Verbot von Zwangsräumungen. Enteignung von leerstehenden Häusern und Vermietung für 15-20% des Haushaltseinkommens.
    - Niedrigere Strompreise und Verbot von Stromabschaltungen. Energieunternehmen, die sich weigern werden enteignet.

    Da geht einem doch das Herz auf.

    Noch einen ganz guter Videobericht:
    Video: Spanien: Die Podemos-Partei... - Europamagazin - ARD | Das Erste
    und eine tolle Rede von Pablo Iglesias im neuen EU-Parlament:
    Pablo Iglesias´ speech in the European Parliament (English subtitles) - YouTube
     
  4. 3. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    die spd mit den linken als ob nicht spd ansich schon reicht^^ aber gut bin gespannt und lass mich gern eines besseren belehren auch in sachen spanien. interessant wäre in bezug auf deutschland wie sich die linke bei einer mehrheit innen- als auch außenpolitisch geben würde.
    aber ganz ehrlich auf so ein experiment hat wohl kein bundesbürger wirklich lust
     
  5. 4. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Das sehe ich anders. Es kann eine Menge schiefgehen und aus genau dem Grund halte ich jede Form von Radikalismus für bedenklich.

    Selbst wenn sich die Führung nicht verselbständigt. Nimmt man bspw. die Piratenpartei, hat man auch sehr schnell bemerkt, dass sie zumindest zu einem Teil nur Wasser predigen und Wein saufen. (So viel zum Thema Transparenz... Rüge des Journalisten-Verbandes - Piraten richten Schutzzone für medienscheue Mitglieder ein - Politik - Süddeutsche.de)
    Verwurzelung ist ein Grund aber kein Hindernis. Das dürfte auch für spanische Politiker gelten.
     
  6. 4. November 2014
    Zuletzt bearbeitet: 4. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Hier antworte ich mal mit Slavoj Zizek:
    "The ultimate answer to the reproach that radical Left proposals are utopian should thus be that, today, the true utopia is the belief that the present liberal-democratic capitalist consensus could go on indefinitely, without radical changes." (Zizek)
    (Genauer erläutert das Zizek zusammen mit Tsipras in dieser wundervollen Diskussion: Tsipras & Žižek /// The Role of the European Left)

    Es waren schließlich die "moderaten" Volksparteien, die uns nicht nur in die Weltwirtschaftskrise & Eurokrise geführt haben, sondern auch für die anschließende Massenverarmung und Zerschlagung der Sozialsysteme in den Krisenstaaten verantwortlich waren. Das Ganze verbunden mit der autoritären Wende der EU-Institutionen. Wer heute nicht auf die Radikale Linke setzt, wird sich bald mit Rechtsradikalen abfinden müssen. Die Frage ist nur noch, in welche Richtung die Radikalisierung geht. Im europäischen Norden geht die Tendenz leider nach rechts, in den Krisenländern nach links (insbesondere Griechenland, Spanien, Irland). Extreme Situationen erfordern radikale Lösungen (radikal v. lat.: radix ‚Wurzel', ‚Ursprung').
    Die Piraten haben sich in ziemlich abstrusen Flügelkämpfen zerstritten. Daraus dürfte der verzweifelte Versuch entstanden sein, sich vor den Medien zu "schützen". Das Problem seh ich dort also nicht in einer grundlegenden Abkehr der eigenen Prinzipien. Sie konnten sich allerdings jenseits der Netzthemen nicht auf eine Richtung einigen.
    Podemos hingegen ist sich in der grundsätzlichen politischen Ausrichtung völlig einig und hat eine Massenbewegung im Rücken. Theoretisch vorstellbar ist es natürlich immer, dass zu starke Richtungskämpfe einer Partei schaden.
     
  7. 4. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Im Herbst 2015 gibt es Wahlen in Spanien, sollte es bei den Umfragewerten bleiben, hat die Podemos 4 Jahre Zeit, ihr können zu zeigen.

    Wahlprogramme und danach das wirkliche Regieren sind 2 Paar Schuhe. Und zur Not kann man immernoch behaupten, der Koalitionspartner ist Schuld, dass das Versprochene nicht eingehalten wurde.

    Meiner Meinung nach, sind viele politische Strukturen so unflexibel, dass selbst eine Partei mit den Besten Absichten (für die Bevölkerung) nur schwer einen Wandel erzielen kann.
    Mein Post soll jetzt nicht negativ wirken, aber mir fällt keine Partei in Europa ein, welche von 0 auf 100 Erfolgreich durchstarten konnte. Die Grünen sind doch ein schönes Beispiel, die mussten sich den Erfolg hart erkämpfen.
     
  8. 4. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Die Grünen sind ja wohl das schlechteste Beispiel und garantiert keines für harten Kampf. Die haben einfach, in Rekordgeschwindigkeit, ihre sämtlichen Ideale verkauft und über Bord geworfen, nur um regieren zu können.
     
  9. 4. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    War darauf bezogen, wie sehr es eine kleine Partei (mit Alternativen Grundideen) schwer hat, sich zu etablieren.

    Dass es dann spätestens ab Mitte der 2000er zu einem Identitätsverrat gekommen ist, mag ich nicht bestreiten.
     
  10. 4. November 2014
    Zuletzt bearbeitet: 5. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Ich würde das bei den Grünen eher als langsamen Prozess sehen, der allerdings schneller ging als jener der SPD. Bei den Grünen sind die ersten Linken schon 1990 ausgetreten (Gruppe Z um Ebermann/Trampert und Jutta Ditfurth). Die Grünen waren aber nie eine wirklich linke Partei, sondern wie der Name schon sagt primär Umweltpartei, worunter sich immer auch Rechte sammeln konnten. Das Gute an der jetzigen Situation ist, dass der Aufstieg von SYRIZA & Podemos so schnell ging, dass sie gewissermaßen kaum in Gefahr waren sich zu sehr anpassen zu müssen. Außerdem gibt es auch Fälle von Bewegungen, die sich erst an der Regierung radikalisieren: In Venezuela war Chavez anfangs nur Sozialdemokrat, der sich dann zum Sozialisten wandelte.

    Ob Griechenland oder Spanien: Gerade bei diesen korrupten, klientelistischen Staaten wird ein anhaltender Erfolg davon abhängen, ob es gelingt die Staatsapparate demokratisch umzubauen. Von SYRIZA kenn ich dazu einige vielversprechende Ideen. Bei Podemos entwickelt sich das gerade erst.
     
  11. 6. November 2014
    AW: Politisches Erdbeben: Radikale Linke stärkste Kraft in Spanien

    Wirklich gute Thesen zu Podemos vom Politikwissenschaftler Raul Zelik:
    "Vor diesem Hintergrund stellte sich für die sozialen Bewegungen in Spanien die Frage, wie sich die Dauermobilisierungen in eine reale Macht von unten, in poder popular, verwandeln lassen könnte. Podemos und die Guanyem-Initiativen zielen– und das unterscheidet die Phänomene von anderen Organisationen der europäischen Linken – dabei nicht einfach auf die Gründung einer neuer Partei ab, sondern auf die Neubestimmung des politischen Raums als solchem. Es geht also nicht einfach um neue politische parlamentarische Mehrheiten, sondern v.a. um eine Transformation des institutionellen Rahmens.
    Die Gefahr eines Anpassungsprozesses an die Institutionen (also der Weg der deutschen Grünen, die am Ende weniger die Politik transformierten als sich selbst) wird bislang durch die Geschwindigkeit gebannt. Der antiinstitutionelle Widerstand dringt mit einer solchen Vehemenz in die Institutionen ein, dass diese die Dissidenz nicht einhegen und absorbieren können"
    Thesen zu Podemos und der demokratischen Revolution in Spanien | Feuilleton (Literatur, Theorie, Kritik) | Raul Zelik
     
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