Drei weitere Jahre ICANN und US-Aufsicht über Adressierung im Netz

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von Melcos, 1. Oktober 2006 .

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  1. 1. Oktober 2006
    Drei weitere Jahre ICANN und US-Aufsicht über Adressierung im Netz

    Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) und das US Department of Commerce (DoC) haben gestern die Verlängerung des so genannten Memorandum of Understanding (MoU) bekannt gegeben. Pünktlich zum Auslaufen des bisherigen MoU zum heutigen 30. September wurde damit ICANN erwartungsgemäß in ihrer Rolle als private Netzverwaltung bestätigt. Das DoC behält seine international viel kritisierte Aufsichtsrolle zunächst für weitere drei Jahre.

    ICANN betonte allerdings, dass die neue Vereinbarung ein beträchtlicher Schritt in Richtung Abkoppelung von der US-Aufsicht sei. "Es ist eine wirkliche Veränderung des Verhältnisses," sagte der Vorsitzende des ICANN Vorstandes Vint Cerf gegenüber Heise Online, "ICANN erhält im Vergleich zu den früheren MoUs deutlich mehr offizielle Autorität über ihre Zielsetzungen. Bislang wurden spezifische Zielsetzungen vom DoC festgelegt". Seit der Gründung von ICANN im Jahr 1998 wurde das MoU, das ICANN an die US-Verwaltung bindet, sechsmal verlängert. Mit der jetzt wirksamen siebten Verlängerung verzichte das DoC unter anderem auf einen Großteil spezifischer Vorgaben für die weitere Arbeit.

    "ICANN und die ICANN-Gemeinschaft legt selbst fest, wie sie arbeitet und was sie tut", heißt es in einer offziellen ICANN-Stellungnahme. Künftig müsse man lediglich allgemeine Jahres- statt speziell fürs DoC gefertigter Halbjahresberichte abliefern, und schließlich verzichte das DoC auf regelmäßige Rechenschaftsberichte gegenüber dem Ministerium. Von nun an "wird sich das DoC einfach von Zeit zu Zeit mit der ICANN-Spitze treffen".

    Cerf erklärte darüberhinaus: "Ich glaube, das DoC hofft darauf, dass wir zu einem Abschluss kommen, wenn diese Vereinbarung ausläuft, oder sogar noch vorher. Und wir teilen diese Erwartung." Er glaube fest daran, dass die US-Regierung, vertreten durch das DoC, "ehrlich bemüht ist, ICANN zu einer erfolgreichen, unabhängigen Organisation zu machen, die von den verschiedenen Interessenvertretern getragen wird".

    Das Statement kommentiert eine kontroverse Debatte, wie es denn mit der US-Kontrolle über die ICANN weitergehen solle. "Ich hoffe, dass die Regierungen, die die historisch bedingte Beziehung zwischen ICANN und der US Regierung kritisch betrachten, dies als einen wesentlichen Schritt auf dem Weg anerkennen, diese Beziehung derjenigen anzugleichen, die ICANN mit anderen Regierungen hat oder haben könnte", ergänzte Cerf. Dennoch bleiben Prioritäten der US-Politik sehr deutlich sichtbar. So steht der von US-Politikern nachdrücklich geforderte offene Zugang zu den Whois-Daten prominent in einer Liste von Aufgaben, zu denen sich ICANN in einem Zusatzdokument verpflichtet. Europäische Unternehmen setzen sich dagegen seit Jahren für ein datenschutzfreundlicheres Whois ein, um eigenen Gesetzen entsprechen zu können.

    Quelle: heise.de
     
  2. 2. Oktober 2006
    EU-Kommission lobt neuen ICANN-Vertrag

    EU-Kommission lobt neuen ICANN-Vertrag

    Die EU-Kommission hat heute die neue Vertragsvereinbarung zwischen dem US-Handelsministerium (Department of Commerce, DoC) und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) gelobt. "Ich begrüße die erklärte Absicht der US-Regierung, ICANN mehr Autonomie zuzugestehen und die Regierungsaufsicht über das Tagesgeschäft der Netzverwaltung innerhalb der kommenden drei Jahre zu beenden", sagte die EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, Vivianne Reding. "Das ist ein sehr wichtiger Schritt in Richtung zu einer vollständigen Privatisierung, auf die die EU mit verschiedenen US-Regierungen seit 1998 hingearbeitet hat."

    Die EU vertraue auf die technische Kompetenz und das "einzigartige" Modell der Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen im ICANN-Prozess. "Wir denken, dass ICANN bestens geeignet ist, der internationalen Natur der Netzverwaltung bei der Organisation der zentralen Rootverwaltung Rechnung zu tragen", sagte Reding.

    Mit dem Ende vergangener Woche vom DoC verkündeten neuen und nach Einschätzung der EU-Kommission leichthändigeren "Project Agreement" komme die US-Regierung expliziten Forderungen von Seiten der EU und anderen Partnern beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft im November 2005 nach. Reding hatte anlässlich des Gipfels in Tunis gefordert, Regierungen sollten sich aus dem Tagesgeschäft der Netzverwaltung heraushalten, und später auch kritisiert, dass die US-Regierung sich etwa in Entscheidungen wie die zur Zulassung einer Rotlicht-Adresszone (.xxx) eingemischt habe.

    Ganz so optimistisch wie Reding sehen andere Beobachter das "Project Agreement" allerdings nicht. Milton Mueller, Professor an der Universität von Syracuse und Mitbegründer des Internet Governance Project, sagte gegenüber heise online, die Vereinbarung scheine der weit verbreiteten Forderung der Öffentlichkeit nach mehr Unabhängigkeit ICANNS von der US-Regierung nachzukommen. Aber das sei nur Rhetorik. "Tatsächlich hat man dem alten Memorandum of Understanding lediglich neue Kleider verpasst." Mueller, dessen Initiative mit einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne dafür sorgte, dass die US-Verwaltung im Sommer Hunderte von Stellungnahmen in einer Anhörung zum ICANN-Vertrag erhielt, erkennt zwar das Bekenntnis zur vollständigen Privatisierung und zu mehr Transparenz im ICANN-Prozess an, dennoch enthalte das neue Dokument nicht weniger Vorschriften. Mindestens in einem Bereich, nämlich der Politik über Whois-Einträge, seien es mehr geworden.

    Die US-Regierung bestehe im entsprechenden Passus auf "raschen, unbeschränkten und öffentlichen Zugang zu korrekten und vollständigen Whois-Informationen" und spezifiziere dabei sogar genau, welcher Datensatz über einen Domaininhaber verzeichnet und öffentlich zugänglich sein soll, erläutert Mueller weiter. "Die US-Regierung mischt sich mittels ihres Vertrags damit weiterhin in ICANNs Geschäft ein." Dass Reding diese Vorschriften unerwähnt lässt, sei verwunderlich, insbesondere da europäische Datenschützer sich immer wieder für Einschränkungen beim Whois-Zugriff eingesetzt hätten.

    Quelle: heise.de
     
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