Neuer Streit um "Raubkopierer-Klausel" im Urheberrecht

Dieses Thema im Forum "Netzwelt" wurde erstellt von Frontyi, 18. Oktober 2005 .

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  1. 18. Oktober 2005
    Neuer Streit um "Raubkopierer-Klausel" im Urheberrecht


    Nach den Massenanzeigen gegen Spiele-Downloader fordern Staatsanwaltschaften eine Bagatellgrenze im Urheberrecht für Tauschbörsen-Nutzer. Andernfalls sehen sie sich bei der Verfolgung schwerwiegender Straftaten massiv behindert. Die Ermittlungsbehörden unterstützen damit einen Vorstoß von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Die SPD-Politikerin hatte in ihrer Vorlage für den umstrittenen Kabinettsentwurf der Bundesregierung zur zweiten Reformstufe des Urheberrechtsgesetzes einen entsprechenden Gesetzesvorbehalt eingebaut. Demnach sollten rechtswidrige Vervielfältigungen straffrei bleiben, wenn sie "nur in geringer Zahl und ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch" hergestellt werden. Vor den Neuwahlen hatte die Bundesregierung den intern umstrittenen Entwurf zwar nicht mehr verabschiedet, Zypries ist jedoch auch in der geplanten Großen Koalition als Justizministerin vorgesehen, sodass der Zwist um den so genannten "2. Korb" der Urheberrechtsreform schon jetzt wieder heftiger wird.


    Johannes Klings etwa, Geschäftsführer des Verbands der Filmverleiher (VdF), hat seine Kritik an der so genannten Bagatellklausel gegenüber heise online verschärft: "Eine Raubkopierer-Klausel wäre grundfalsch und legalisiert potenziell milliardenfachen Diebstahl." Es gebe keinen Grund, den Klau geistigen Eigentums gegenüber der Entwendung physischer Gegenstände zu privilegieren. Der VdF unterstützt ganz in diesem Sinne seit längerem die in die Jahre gekommene Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher".

    Insbesondere die Staatsanwaltschaft Karlsruhe stöhnt dagegen über inzwischen 20.000 Anzeigen, die bei ihr hauptsächlich wegen angeblicher Urheberrechtsverstöße im Peer-2-Peer-Netzwerk eDonkey im Zusammenhang mit Downloads von Spielen des Karlsruher Herstellers Zuxxez eingegangen sind. Angefeuert wird die Anschwärz-Maschinerie von der Firma Logistep, die im Auftrag ihrer Klienten IP-Adressen verdächtiger Nutzer in Tauschbörsen aufspürt. Ein Sprecher der Karlsruher Staatsanwaltschaft beklagte gegenüber dem Focus, dass die Abarbeitung der Vorgänge "mindestens sechs Monate" in Anspruch nähme, "vielleicht aber auch deutlich mehr". Doch auch andere Strafverfolgungsbehörden sehen sich längst überfordert, da die Musik- und die Filmindustrie sie ebenfalls permanent mit Anzeigen wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet füttern. Ermittlungen seien nur noch sinnvoll, wenn jemand "1000 oder mehr Lieder online offeriere", drängen Behördenvertreter laut Focus auf klare Grenzziehungen bei der Rechtsnovelle. Es sei nicht zu schaffen, zehntausende deutsche P2P-Nutzer zu bestrafen.

    In der Entertainment-Branche wird der Schwarze Peter für den erzeugten Unmut an Zuxxez abgeschoben. So gibt die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) zwar einerseits die Parole "Keine Toleranz" gegen Raubkopierer aus, andererseits betonte Jan Scharringhausen, Leiter der Rechtsabteilung, gegenüber heise online: "Nach wie vor sieht die GVU von nicht ausdifferenzierten Massenanzeigen ab." Die Ermittler und Justiziare der Organisation würden den Behörden keine rein auf Computerprogramme gestützte Informationen liefern, sondern eine "umfassende und aussagekräftige Beweislage". So habe man sich als verlässlicher Partner etabliert, was Erfolge wie im FTPWelt-Fall zeigen würden. Man dürfe daher nicht einfach "jegliche Initiativen zum Schutz von Entertainment-Produkten in einen Topf werfen." Zuvor hatte sich bereits die Musikindustrie vom Einsatz der Logistep-Methodik distanziert.

    Als Ausweg aus der verworrenen Situation bringt Klings erneut die Forderung nach einem zivilrechtlichen Auskunftsanspruch für die Rechteinhaber ins Spiel: "Gäbe es einen solchen, müssten nicht in jedem Fall die Staatsanwaltschaften beschäftigt werden." Momentan sei die Einschaltung der Behörden jedoch der einzige Weg, um gegen Raubkopierer juristisch effektiv vorgehen zu können. Provider und Rechtsexperten fürchten statt der skizzierten Entlastung der Staatsanwaltschaften jedoch eine um sich greifende Willkür der Rechteinhaber sowie schwere Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte im Zusammenhang mit dem auch in der Politik umstrittenen Auskunftsanspruch. Die Staatsanwaltschaften verweisen zudem darauf, dass eine Providerauskunft oft wenig weiter helfe. Denn selbst wenn daraus hervorgehe, dass aus einer bestimmten Wohnung zu einer bestimmten Zeit urheberrechtlich geschütztes Material ins Netz eingeschleust worden sei, würden in einem solchen Fall dann häufig sämtliche Familienmitglieder die Rechtsverletzung leugnen.

    Quelle: Heise.de



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