Die Big Tech in der Finanzwelt: Warum eine restriktive Regulierung bevorsteht

Der Aufstieg von Big Tech im Bereich der Finanzdienstleistungen hat eine Welle von Innovationen und Neuerungen ausgelöst und den einzelnen Verbrauchern neue und nützliche Finanzdienstleistungen und -produkte gebracht. Die Errungenschaften dieser Branche, wie neue Zahlungssystemen und digitale Währungen haben den neuen Technologien eine komfortable Präsenz in der Finanzbranche beschert. Diese Positionen konnten gefestigt werden und so ganz nebenbei wurden die traditionellen und alteingesessenen Banken und Finanzinstitute von diesen Innovationen herausgefordert und vor weitreichende Entscheidungen gestellt.

Die Big Tech in der Finanzwelt: Warum eine restriktive Regulierung bevorsteht

15. Juni 2023     Kategorie: Politik & Recht
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Dieses schnelle und ungezügelte Wachstum hat jedoch auch Fragen und vor allem auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, der Cybersicherheit und der Konzentration der Finanzmacht in den Händen einiger weniger Unternehmen aufgeworfen.

Da diese Unternehmen zunehmend öffentlicher Kritik und dem steigenden regulatorischem Druck ausgesetzt sind, ist davon auszugehen, dass eine strenge Kontrolle, aber auch Regulierung von Big Tech-Betrieben im Bereich der Finanzdienstleistungen zeitnah zu erwarten sein wird.

Wie Big Tech mit dem Finanzwesen verflochten ist


Große Technologieunternehmen wie Amazon und Alibaba, die über eine Fülle an Kunden-, Finanz- und Produktdaten verfügen, haben bereits in den letzten Jahren ein hohes Standing im Finanzdienstleistungssektor aufbauen können und bieten gegenwärtig bereits Dienstleistungen wie Bankgeschäfte, Zahlungsverkehr, Vermögensverwaltung, den Vertrieb von Versicherungen und sogar Cloud Computing für eine Vielzahl von Bankinstituten an.

Ihre große Akzeptanz im E-Commerce und in den sozialen Medien ermöglicht es ihnen, schnell einen beträchtlichen Marktanteil in der Finanzwelt zu besetzen. Eine derart große Reichweite über mehrere Sektoren hinweg birgt nicht nur das immense Risiko, dass kleinere Banken aus dem Finanzdienstleistungssektor gedrängt werden, sondern kann auch zur Folge haben, dass diese gigantischen Technologieunternehmen „zu groß zum Scheitern“ werden – und wo Regierungen im Notfall gezwungen sind, diese Kolosse zu retten, um die eigene nationale Wirtschaft zu schützen. Genauso wie sie es bei der großen Bankenkrise vor über einem Jahrzehnt getan haben.

Der große Bedarf an Regulierung


Wenn Regulierung und Kontrolle an den richtigen Stellen eingesetzt wird, ist sie der Schlüssel zu einem sichereren Handeln, auch zum Wohl der breiten Öffentlichkeit. Im Bankensektor müssen Finanzinstitute weltweit strenge Richtlinien und Vorgaben einhalten, die u.a. die Interessen der Verbraucher schützen. Wer aus der Reihe tanzt, riskiert schwere Strafen und einen Ausschluss aus dem internationalen Bankensystem.

Selbst bei digitalen Aktivitäten wie beispielsweise dem Online-Glücksspiel, beim Besuch einer Online-Sportwettenseite oder sogar beim Auflisten der besten Online-Lottoseiten werden die User dieser Seiten einen Haftungsausschluss feststellen, der besagt, dass alles, was auf diesen Webseiten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, den entsprechenden gesetzlichen Anforderungen eines bestimmten Landes oder einer Zertifizierungsstelle entspricht.

Es macht daher Sinn, dass die schnelle Expansion von Big Tech-Unternehmen im Finanzwesen einen notwendigen Druck von Seiten der Regulierungsbehörden hervorgebracht hat, damit diese multinationalen Unternehmungsverflechtungen zeitnah Maßnahmen ergreifen, die die Interessen der Verbraucher schützen und jeglichen finanziellen Schaden für die Allgemeinheit abwehren.

Große Technologieunternehmen sammeln seit je her große Mengen persönlicher und finanztechnischer Daten. Dieser Umstand hat zu gesteigerter Vorsicht hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit geführt. Eine zweckdienliche Regulierung und Kontrolle können dazu beitragen, dies enormen Mengen von Daten vor unliebsamen Zugriff zu schützen und sicherzustellen, dass sie nur für jenen Zweck verwendet werden, für den sie schlussendlich auch erfasst und gesammelt wurden.

Es gibt auch weitreichende Befürchtungen, dass die Konzentration der Finanzmacht in den Händen einiger weniger großer Unternehmen weitreichende Auswirkungen auf den Wettbewerb, die Innovationskraft und die Entscheidungsmöglichkeiten beim Kauf durch die Verbraucher haben könnte. Mit strengen Vorschriften können die betreffenden Regulierungsbehörden gewährleisten, dass diese Unternehmen keine wettbewerbswidrigen Praktiken anwenden und die gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle am Markt tätigen Finanzakteure garantiert sind, auch für die kleineren.

Wie ist dies durchsetzbar?


Agustin Carstens, Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), hielt Anfang Februar bei einem Symposium einen Vortrag darüber, wie Big-Tech-Unternehmen dazu verpflichtet werden könnten, einem „ganzheitlichen“ Regulierungsrahmen zu folgen, in dem ihre Finanzdienstleistungen von anderen Unternehmensagenden abgegrenzt würden.

Zu diesen Maßnahmen gehört die auch Bereitstellung zusätzlicher Informationen zur unternehmensweiten Leitung, der Corporate Governance , zur Geschäftsgebarung und zur betrieblichen Belastbarkeit – ein Begriff, der sich auf die Fähigkeit eines Unternehmens bezieht, mit großen Rückschlägen umzugehen.

Ähnliche Vorschriften bestehen bereits in der EU und in Großbritannien, und gewähren beispielsweise den Regulierungsbehörden einen Einblick in die Nutzung von Cloud-Computing-Unternehmen. Diese Vorgaben könnten ohne Zweifel auch leicht auf die Big Tech im Finanzbereich übertragen werden. Ein ganzheitlicher Ansatz könnte jedoch schwierig werden, da es bereits Regulierungsbehörden für den Datenschutz und den Wettbewerb von Big Tech-Unternehmen gibt: Ein Konflikt zwischen beiden wird voraussichtlich unvermeidlich sein.

Viele Experten gehen davon aus, dass die Notwendigkeit einer umfassenden Regulierung schon seit längerer Zeit besteht. Microsoft hat kürzlich einen 2-Milliarden-Dollar-Deal mit der Londoner Börse unterzeichnet, um die geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Finanzdienstleitungssektor und den Big Tech-Unternehmen zu stärken.

Da diese Unternehmen schnell auf die Vorteile solcher Kooperationen hinweisen, die auch Verbesserungen hinsichtlich der Kundenzufriedenheit und für stabilere finanzielle Verhältnisse sorgen, bestätigt den Umstand, dass Regulierungen in diesem Sektor durchaus wünschenswert sind.

Es besteht als auf breiter Front die Notwendigkeit, diese Vorhaben nun in die Praxis umzusetzen und die Big Player bei der Stange zu halten, bevor sie tatsächlich „too big to fail“ werden.